Februar 8 2023

Etwas Fluffiges #1, Zugfahren in Schleswig-Holstein

Wenn man sich in Städten in Schleswig-Holstein aufhält, fällt einem (als Zugfahrer)visuell nichts besonderes auf. Kiel und Flensburg haben nichts, von dem man sagen würde, wenn man aus dem Zug steigt – wOOOOOOOOW! guck Dir DAS an. Aber, Kiel und Flensburg klingen anders als Berlin oder Hamburg. Sie haben Schiffe, die sehr tief tuten, und sie haben Möwen, die Schreien, und sie haben Krähen. Man könnte jetzt behaupten, dass es in Hamburg sicher auch Schiffe hat, die sehr tief tuten. Ja, stimmt, aber die höre ich nicht im Hauptbahnhof oder in Altona. Kiel und Flensburg klingen nach Kiel oder Flensburg. Das ist mir bis jetzt noch nie bei einer Stadt aufgefallen, und ich muss noch rausfinden, was es nach Kiel oder Flensburg klingen macht. Es gibt tatsächlich auch noch eine Gewichtung, die „Kiel“ oder „Flensburg“ ausmacht. Ob man das über das Gehör oder über andere Sinne wahrnimmt, weiss ich auch noch nicht genau, versuche ich aber noch rauszubekommen. Jetzt habe ich mich etwas verloren…tut mir leid.

Wie auch immer, wenn man in den Zug steigt, in Kiel, da gibt es sogar Werbung auf dem Gleis 6a, da fährt man unweigerlich an die Ostsee, und die Ostseebäder machen auf dem Gleis, und nicht etwa auf der Wand daneben, Werbung. Das fand ich bemerkenswert. Kiel weiss, wie man Touristenströme erfolgreich umleiten kann…gut, ich steige also in den Zug nach Eckernförde. Nicht, weil ich das will und weil ich Tourist bin, sondern weil, ihr ahnt es sicher, irgendetwas umgebaut wird, oder zusammengebrochen, weil eingerissen. Reisen mit der Deutschen Bahn. Vielleicht ist auch eine Brücke hinüber. Man will es gar nicht so genau wissen. Und wenn ich nach Husum (Westküste) fahren will, mache ich doch gerne einen Umweg über Eckernförde (Ostküste, aber immerhin doch schon ungefähr selber Breitengrad wie Husum).

Wir fahren los, mit der Regionalbahn. Kiels Norden ist hässlich. Tut mir leid, das zu schreiben, aber mir kommt sonst nichts passendes in den Sinn, ich lasse mich jedoch gerne vom Gegenteil überzeugen. Die Kiel-XY-Haltestellen haben keinen erkennbaren Dorf-/Viertel-/Kiezkern, sondern sind einfach nur unverschleiert ärmlich. Oder, wie die Trashautorin und Ex-Kollegin vermutlich schreiben würde, wurde grobmotorisch industrialisiert. Irgendwann kommt der Nord-Ostseekanal. Es folgt für das erschöpfte, geschundene Auge ein liebliches, sehr ländliches Dorf, wo unser Zug jedoch nicht hält, und dann folgt ein weiteres Dorf, wo der Zug dann doch noch stehenbleibt. Es steigen wenig Leute ein, und einige aus. Wir fahren weiter, und es folgt dann irgendwann Eckernförde. Da muss ich auf den Bus, weil wegen meiner Umleitung. Mich überrascht Eckernförde, es wirkt auf mich wie ein schottisches Fischerdorf – die strohgedecketen Bauernhäuser mussten zugunsten steinverkrusteten, trutzigen Fassaden, die dem Meer trotzen, ojah, das tun sie! weichen. Ich räume ein, dass es geregnet hat, aus allen Löchern, und es vermutlich auch ich Eckernförde strohgedeckte Häuser hat. Dennoch war das eine sehr starke Aura, wenn man das so schreiben kann, die ich wahrgenommen habe, während ich in den wartenden Ersatzbus gerannt bin.

Der längste Abschnitt meiner Zugreise ist bezeichnenderweise mit dem Ersatzbus, über die sanften Hügel der Gegend um die Ostsee.

Wir erreichen rechtzeitig den Anschlusszug in Schleswig. Krass, nicht wahr?

 

 


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Veröffentlicht08/02/2023 von klinge in Kategorie "Bizarre Geschichten", "Geschichten", "Uncategorized

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