September 11 2024

Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft und was die Körperpflege damit zu tun hat

Wir haben es geschafft! Wir sind tatsächlich gleichberechtigt. Keine Bange, nicht komplett, regt Euch nicht auf, Mädels. Sehen wir uns mal unter der Lupe an, was ich damit meine: Hat uns Frauen die Kosmetikindustrie noch in den 90ern rosarote und türkise Rasierklingen verkauft, mithilfe derer wir uns“ggrremige und sanfte Beine“ zurechtrasieren konnten, so gibt es jetzt eine Shampoo nur für Bärte, auf denen tatsächlich „Man’s Best Friend“ zu lesen ist. Wir werden also beide gleichermassen für dumm verkauft. Wenn das kein Fortschritt ist. Ich denke an die Shampoowerbung der 80er und 90er, wo der Betrachter eine halbnackte Frau sieht, von hinten gefilmt, die ihre Haartracht, meist lange dunkle oder blonde Haare, wunderschön anzusehen, in Zeitlupe schüttelt. Die Frau scheint über irgendwas nachzudenken und sich ihrer wunderschönen Haarpracht gar nicht speziell bewusst zu sein, sie sind da, sie sind immer perfekt, und das ist auch normal, wegen dem beworbenen Shampoo oder Conditioner. Nun überlege ich natürlich schon den ganzen nachmittag, wie die Werbung für einen Bartshampoo aussehen muss. Ist er auch so selbstvergessen sinnlich? Oder geht es eher in Richtung sportlich-nass glänzender Bart, der aus einem blaugrünblauen Schwimmbecken auftaucht, an einem männlich-kantigen Gesicht, und man darf noch etwas gebräunte Brust sehen, und der Bart sitzt nasstropfend und doch perfekt am Kinn, während er lächelnd die Augen schliesst, im Bewusstsein, dass sein Bart absolut unglaublich seinem schönen Gesicht schmeichelt? Oder benutzt der Weihnachtsmann dieses Shampoo? Dieser seit Jahrhunderten gleich weiss blitzende Bart, der die gütig lächelnden Augen umspielt? „Das Shampoo, das aus einem Knecht Ruprecht einen St. Nikolaus macht?“ Wenn man dann weiterdenkt, hat sich nichts geändert. Ja, Männer werden jetzt auch für dumm verkauft, befestigt an einem Rollenbild, das sie gefälligst zu erfüllen haben. Männer haben Bart, und Frauen sind rasiert. Dazu gibts die passenden Produkte, also kauft, Leute, kauft!

Juli 18 2024

Traumzeit mit der Deutschen Bahn

Im Voraus notiert: ich bin durch einen funktionierenden Taktfahrplan Bahn-sozialisiert, und ich ging auch davon aus, dass sich die Bahn an Geleise und Beschriftungen (zum Beispiel, wo der Zug hinfährt und wo nicht) hält und das erste, das ich in Deutschland aufgegeben hatte, war, nach 3 Minuten Verspätung eines öffentlichen Verkehrsmittels nervös auf die Uhr zu sehen. Da ich nicht Autofahren kann und will, bin ich also tatsächlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Dadurch war ich eine unglückliche Bahnkundin mit wahlweise Monatsabo, 7 oder 49 Euro-Ticket, die so tat, als sei die Bahn im Normalfall pünktlich. Das ist sie nicht, und bleibt man stur im Zug sitzen, kann es sein, dass man nicht da ankommt, wo der Zug ursprünglich hinwollte.

Doch neulich hatte ich meinen Durchbruch, und es funktioniert: Das Geheimnis ist, man sollte die Regionalbahn nutzen, und zwar entspannt. Ein Freund hatte mir gesagt, man solle sich die Traumzeit zunutze machen (richtig, das Konzept der Aborigines) Man sollte sich seinen Weg denken. Völlig unbelastet von einer Zeit, in der man da sein sollte. Denn dann, so meine Erfahrung, kommt man superpünktlich, wenn nicht sogar früher als geplant, an. Ein Beispiel: Ich plane, morgens in Allerfrühe den Zug ab Hamburg nach Berlin zu nehmen. Da habe ich die Möglichkeit, den ICE zu nehmen, der braucht dann etwa 2 Stunden für die Strecke. Da der unglaublich viel kostet, weil der ja nicht zum 49 Euro Ticket Netz gehört, nehme ich den Zug nach Stralsund, und von da an runter nach Berlin. Ja, das dauert, aber Reisen ist eine Kunst. Im Laufe der Fahrt verstehe ich, das irgendetwas bahntypisches passiert ist, eine Brücke ist umgefallen oder die Geleise haben sich über Nacht in Rost aufgelöst, und mir nun der SEV blüht , der Schienenersatzverkehr. Deswegen keinen Kummer; wagt einen Blick in die Karte: Die Bahn schmeisst Euch irgendwo in der Pampa- ja in die Pampa raus, und da stehen dann fünf Busse. Sagen wir mal, in Hornstorf. Drei fahren nach Rostock-Stralsund, und zwei fahren nach Güstrow-Neubrandenburg. Du kannst den SEV nach Neubrandenburg nehmen, und von da an den SEV nach Berlin, der lässt Dich dann ganz untypischerweise, auf Dein Bitten hin, an der Gräfestraße raus, und bist 20 Minuten schneller als der ICE, hast aber erlebt, wie Hansa Rostock heute abend ein Spiel gewinnen wird und wie es nördlich von Schwerin aussieht. Zusätzlich hat Dir eine alte Dame verraten, wie Du eine samtweiche Haut bis ins hohe Alter bewahrten kannst und Du hast ein Rezept für Mohnstollen erhalten.

Was ich damit sagen möchte: es ist tatsächlich alles halb so wild, ihr kommt an, ihr kennt den Pfad und die Mittel nicht, es kann alles sein, ein Tuctuc, eine Horde wilder Esel, eine Stretchlimousine. Du musst nur Dein Ziel kennen. Der Weg findet sich. Es bleibt ein Abenteuer, aber das Risiko ist kalkulierbar. 🐍

Mai 13 2023

Was tun wenn der erste Brand durch ist? Glasieren und nochmals brennen lassen!

Man kann einiges behaupten, aber ich kann nicht sagen, dass meine Eltern Kunstbanausen sind.

Das hat einiges an Vorteilen und zwei Nachteile: ich beginne mal damit; ich hab einen sehr teuren Geschmack, und wenn ich mich selbst an „Kunst“ versuche, ist mein innerer Kritiker unbarmherzig. Warum tu ich das? Zum Ausgleich, einfach weil es Spass macht.

Mein Flirt mit Acrylfarben ist durch, ebenso mein Flirt mit dem E-Bass (den zu spielen einfach nur wegen des gebrochenen Handgelenks längerfristig wehgetan hat), zumal sich „La Peste“ 2 Tage (und vor allem zwei ausschlaggebende, schicksalshafte Nächte) nach der Gründung wegen bandinternen Männergeschichten hochdramtatisch wieder aufgelöst hatte. Ich würde ja noch gerne Tenorsaxophon ausprobieren, aber das scheint immer noch nicht in Sichtweite zu sein.Ich habe mich da mit einem jungen hoffnungsvollen angehenden Punkbassisten zusammengetan. Er bekam meinen Bass, und ich bekomme dafür ein (Tenor)sax seiner Wahl. Alles für kein Geld, denn das ist ja eher selten in der Szene. Irgendwie ist noch kein Opa gestorben, daher warte immer noch. Kein Problem, die Welt ist gross genug, sie hat viel zu bieten, also versuche ich es mit kneten von Ton, mit Kuchenteigstecher und Zeug. Zu meiner Überraschung gelingen mir zwei Vasen relativ gut, die Idee ist geklaut. Diese Vasen sehen einer Vase meiner Mutter relativ ähnlich; wir sahen sie kurz nach der Kreidezeit, in meiner Kindheit,  in einer Galerie. Die Vase meiner Mutter ist in der Raku-Technik gebrannt. Meine sind nicht so hoch wie die aus meiner Kindheit, dafür auch etwas breiter. Mit den Proportionen bin ich zufrieden, und sie haben, damit man es auch sieht, das das Vasen sein sollen, Tonrosen an der Sollbruchstelle. Die schlanke, höhere Vase bekam 1 Rose, die kleine, dickere Vase 3 Rosen.

 

Dazu hab ich eine „ländliche“ Vase gebastelt, die eher aussieht wie eine „abverreckter“ („misslungen“ für deutsche Leser) Milchkrug. Für den Blumenstrauss aus Löwenzahn und Lungenkraut. Sehr bodenständig, 4 Kilo, geschätzt.

Da man Ton nur in der 10 Kilo-Tüte kaufen kann, bin ich gefordert. Ich versuchte es noch mit 2 Übertöpfen, da habe ich den Ton  mit dem Nudelholz ausgewallt und (zeitlich hintereindander) über einen sehr luftleeren alten Ball meiner Tochter gestülpt und gewartet hab, bis das Ding „lederhart“ war. Mit etwas Gewalt oder Nachdruck hingestellt, wurde der Boden dann auch noch gerade.

Dann waren noch gefühlt weitere 5 Kilo Ton da. Meine zugegeben etwas peinliche Lösung war dann zwei ziemlich gleich aussehende Keramikseifenschalen (mit Zierschnecken) und eine Anzuchtschale für Bohnensprossen- oder Kressegedöns. Die Röschen auf der Anzuchtschale sehen aus, als sei Ihnen während dem Trocknen schlecht geworden. Naja, das nächste Mal setze ich die oben an, vielleicht sieht das dann besser aus. Ich bin noch Anfähngerin.

Das wollte ich so gleich aussehend, damit ich die Wirkung von verschiedenen Glasuren ausprobieren kann. Der restliche Ton wurde ebenfalls dieser Art ausgewallt, aber über eine umgestülpte grosse Pfanne gelegt. Als das alles lederhart war (das dauert ungefähr 3 Stunden, kann man aber auch mit einem Haarföhn beschleunigen) hab ich es mit Weihnachtskeksförmchen bearbeitet. Ich werde das orange Glasieren, dann kann Halloween kommen! Da drin haben viele Kerzen Platz. Leider sind mir da ein paar Dekorationen abgefallen, nachdem es getrocknet war, auf dem Weg zum brennen.

Update: Es hatte bei dem Hobbygeschäft, wo ich den Ton kaufe (ja, erneute 10 Kilo), auch Glasuren. Ich habe mir jetzt verschiedene Glasuren und auch sogenannte Engoben gekauft, damit kann man ungebrannten Ton bearbeiten. Mach ich auch noch, zeige ich Euch dann später. Diese Tonwaren hier, die sind nun gebrannt (und auch nicht mehr so wahnsinnig schwer). Dennoch vermute ich, dass das Lichtdings zu Boden fällt, ehe es nochmals glasiert werden kann…ich hab da ein ganz schlechtes Gefühl. ^^Der nächste Schritt ist schleifen und glasieren, wieder trocknen lassen, und dann zum brennen bringen.

Früher oder später werde ich mich um einen Ofen bemühen müssen, aber laut Internet ist eine gute Belüftung wirklich wichtig, da beim Brennprozess wohl auch toxische/kanzerogene Gase entstehen können. Das bedeutet, dass ich damit wohl noch warten muss, bis sich Wohnungsmässig bei uns etwas ändert.

April 21 2023

Frühling in Norddeutschland *Rezept zum nachmachen*

Es gibt Dinge in Deutschland, die gibt es wohl einfach nicht. Dazu gehören Papet vaudois in der Tiefkühltruhe bei Aldi, der BBQ-Speck vom Migros, rezenten günstigen Käse (wobei, wo gibts denn das?) in einer entsprechend grossen Auswahl, Senffrüchte von Vanini (da sind sie der Sache jedoch mit Saucen auf der Spur) und, was den deutschen (Bäckern) ebenfalls fremd ist, sind so genannte Canapés. Im Gegensatz zu vorherigen Dingen sind Canapés vermutlich keine Kunst, selbst herzustellen. Im Prinzip sind es belegte Toastbrotscheiben, die ungetoastet sein müssen. Man buttert die Scheiben, und legt Eier oder Spargeln aus dem Glas, oder Schinken oder Salami oder, die ganz teuren, rohes Hackfleisch (nicht Zwiebelmett!!!) da drauf. Ihr müsst da auf Tartare achten, Beefsteak tartare geht auch, bitte nicht Schabefleisch. Ihr ahnt, es geht um etwas Exklusives. Wenn ihr den Toast bebuttert und belegt habt, dann kommt die Deko. Meistens Mayo, aber hübsch dekoriert, manchmal auch eine Kaper oder eine geschnittene Olive, sowie Petersilie oder bei Eiern, 1 oder 3 feine (!) Schnittlauchstreifen Und dann, dann kommt der Glibberüberzug. Der ist zwar nicht lecker, aber festigt das Gesamtwerk.

Canapés isst man am besten in einem Strassencafé, draussen, wenn die Sonne scheint. Man redet dazu am besten mit Freundinnen. Dazu passt immer ein Gläschen Traubensaft. Da man auch nicht satt ist nach einem oder zwei Stücken, passt dazu hervorragend auch noch ein Dessertchen und Kaffee. Wer deutsche Torten kennt, weiss, dass man spätestens nach der Sahneschichttorte nie mehr Hunger hat.

Nun, hier gibts Cafés und es gibt Sonne. Klinge kocht also ein deutsches Pendant, einfach herzustellen, lecker und passend zum draussensitzen. Ich empfehle dazu ein Rosinen-Kastenweissbrot, und dazu einen Eiersalat aus der Truhe mit, aufpassen, bereits integrierten Spargeln. Das gibts. Hätte ich auch nicht gedacht. Butter brauchts nicht, klatscht den Salat auf eine dicke Scheibe  Rosinen-Kastenweissbrot, und geniesst die Sonne. Wenn ihr drin seid, öffnet das Fenster und legt Euch in den Sonnenfleck.

Bon appétit!

April 15 2023

How Deep Is Your Love oder wo ist die nächste Sahnetorte?

Dies ist ein sehr vielschichtiger Text, daher mal eine mögliche Triggerwarnung. Es ist nicht beabsichtigt, aber es könnte die sanfteren Seelen an unangenehme Alltagssituation erinnern. Meine Eltern hatten sowas ähnliches, einfach beim „etwas besseren“ IKEA-Vorratsregal-zusammensetzen.

Es begann mit unserer Nachbarin, die sich darüber beklagte, dass unsere Stühle quitschen. Wir gelobten Besserung, und kauften diese selbstklebenden Filzpantoffeln für Stühle und Tische. Damit das auch wirklich hält, und weil es Frühling ist, und weil es sowieso wieder mal nach ist, und weil man ja auch älter wird und es vermutlich dadurch manchmal auch gerne sauber hat, wurde das Bekleben der Corpora delicti verbunden mit einem Hausputz. Geplant war das Generalstabsmäßig: Ich putze die Küche, komplett mit feucht aufnehmen, nachdem der Göttergatte dieselbe gestaubsaugt hat. Er zieht dann mit dem Staubsauger weiter, und putzt dann Bad und Schlafzimmer. So die Theorie.

Ich begann mit der Küche, nachdem mein Allerbester mit ihr fertig war. Er kämpfte heroisch gegen den Staubsauger an, der in einer früheren Putzorgie wohl Papier gefressen hatte. So brach er also, kurz nachdem er begonnen hatte, zu staubsaugen, fluchend auf der Badewanne zusammen und kämpfte gegen den Drachen im Rohr des Saugers. Dabei wurde er immer wütender und benutzte zur Möglichen Reinigung des Rohrs mehrere Instrumente: chinesische Essstäbchen, nicht benutzte X-Kreuze von Ikea-Gestellen, allerlei Gerätschaften mit für mich  unklarem Nutzen zum höheren Ziel des Entstaubens der Wohnung. Ich war mittlererweile mit der Küche fertig (komplett mit Kleben), und hatte irgendwie keine Lust, im Bad weiterzuputzen, solange da hektisch geflickt und geflucht wurde. Es endete damit, dass mein Gatte mich anklagend anblickte, und meinte, dass man damit, dabei hielt er das Staubsaugerrohr-Vorderteil anklagend hoch, garantiert nicht mehr saugen kann. Ich dachte an meine Mutter, und wie sie jetzt eine Schwarzwälder-Kirschtorte beim Bäcker holen müsste. Unser Bäcker hat leider seit 12 Uhr geschlossen.

Verrückterweise interessiert putzen weder mich noch Göttergatte. Mein Vorschlag, doch einmal die Woche eine Fachkraft für Reinigung kommen zu lassen, ist immer der mögliche Zeitpunkt für eine mittlere Ehekrise. Kommt nicht in die Tüte. Er entwirft ärgerlich einen Putzplan für uns, damit das auch nicht wieder entgleist mit dem Staub.

Natürlich sehe ich das nicht so buddhaartig tiefenentspannt, sondern denke mir dann böse Dinge, aber weil Streit immer so anstrengend werden kann, spreche sie nicht aus. Dennoch:

Was mich wirklich interessieren würde, ist dies: Diese „technische“ Ausrasten, dass man(n) mitten beim Putzen ein vermeintlich kaputtes Ding totflicken muss, ist das bei allen (sex und gender) Paaren so? Dann wäre das ein relativ neu erlerntes (und damit eher änderbares, weil bescheuertes) Rollenverhalten. Oder ist das ein Rollenverhalten, das männlich Sozialisierte erlernt haben? Nicht putzen, sondern flicken muss der Mann? Was auch komplett bescheuert ist, weil es ein unemanzipiertes Rollenbild bedient. Oder geht das nur in Männerhaushalten so zu und her? Einer putzt und einer flickt?

Ich wünsche mir jetzt eine Torte.