Juli 18 2024

Traumzeit mit der Deutschen Bahn

Im Voraus notiert: ich bin durch einen funktionierenden Taktfahrplan Bahn-sozialisiert, und ich ging auch davon aus, dass sich die Bahn an Geleise und Beschriftungen (zum Beispiel, wo der Zug hinfährt und wo nicht) hält und das erste, das ich in Deutschland aufgegeben hatte, war, nach 3 Minuten Verspätung eines öffentlichen Verkehrsmittels nervös auf die Uhr zu sehen. Da ich nicht Autofahren kann und will, bin ich also tatsächlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Dadurch war ich eine unglückliche Bahnkundin mit wahlweise Monatsabo, 7 oder 49 Euro-Ticket, die so tat, als sei die Bahn im Normalfall pünktlich. Das ist sie nicht, und bleibt man stur im Zug sitzen, kann es sein, dass man nicht da ankommt, wo der Zug ursprünglich hinwollte.

Doch neulich hatte ich meinen Durchbruch, und es funktioniert: Das Geheimnis ist, man sollte die Regionalbahn nutzen, und zwar entspannt. Ein Freund hatte mir gesagt, man solle sich die Traumzeit zunutze machen (richtig, das Konzept der Aborigines) Man sollte sich seinen Weg denken. Völlig unbelastet von einer Zeit, in der man da sein sollte. Denn dann, so meine Erfahrung, kommt man superpünktlich, wenn nicht sogar früher als geplant, an. Ein Beispiel: Ich plane, morgens in Allerfrühe den Zug ab Hamburg nach Berlin zu nehmen. Da habe ich die Möglichkeit, den ICE zu nehmen, der braucht dann etwa 2 Stunden für die Strecke. Da der unglaublich viel kostet, weil der ja nicht zum 49 Euro Ticket Netz gehört, nehme ich den Zug nach Stralsund, und von da an runter nach Berlin. Ja, das dauert, aber Reisen ist eine Kunst. Im Laufe der Fahrt verstehe ich, das irgendetwas bahntypisches passiert ist, eine Brücke ist umgefallen oder die Geleise haben sich über Nacht in Rost aufgelöst, und mir nun der SEV blüht , der Schienenersatzverkehr. Deswegen keinen Kummer; wagt einen Blick in die Karte: Die Bahn schmeisst Euch irgendwo in der Pampa- ja in die Pampa raus, und da stehen dann fünf Busse. Sagen wir mal, in Hornstorf. Drei fahren nach Rostock-Stralsund, und zwei fahren nach Güstrow-Neubrandenburg. Du kannst den SEV nach Neubrandenburg nehmen, und von da an den SEV nach Berlin, der lässt Dich dann ganz untypischerweise, auf Dein Bitten hin, an der Gräfestraße raus, und bist 20 Minuten schneller als der ICE, hast aber erlebt, wie Hansa Rostock heute abend ein Spiel gewinnen wird und wie es nördlich von Schwerin aussieht. Zusätzlich hat Dir eine alte Dame verraten, wie Du eine samtweiche Haut bis ins hohe Alter bewahrten kannst und Du hast ein Rezept für Mohnstollen erhalten.

Was ich damit sagen möchte: es ist tatsächlich alles halb so wild, ihr kommt an, ihr kennt den Pfad und die Mittel nicht, es kann alles sein, ein Tuctuc, eine Horde wilder Esel, eine Stretchlimousine. Du musst nur Dein Ziel kennen. Der Weg findet sich. Es bleibt ein Abenteuer, aber das Risiko ist kalkulierbar. 🐍

April 21 2023

Frühling in Norddeutschland *Rezept zum nachmachen*

Es gibt Dinge in Deutschland, die gibt es wohl einfach nicht. Dazu gehören Papet vaudois in der Tiefkühltruhe bei Aldi, der BBQ-Speck vom Migros, rezenten günstigen Käse (wobei, wo gibts denn das?) in einer entsprechend grossen Auswahl, Senffrüchte von Vanini (da sind sie der Sache jedoch mit Saucen auf der Spur) und, was den deutschen (Bäckern) ebenfalls fremd ist, sind so genannte Canapés. Im Gegensatz zu vorherigen Dingen sind Canapés vermutlich keine Kunst, selbst herzustellen. Im Prinzip sind es belegte Toastbrotscheiben, die ungetoastet sein müssen. Man buttert die Scheiben, und legt Eier oder Spargeln aus dem Glas, oder Schinken oder Salami oder, die ganz teuren, rohes Hackfleisch (nicht Zwiebelmett!!!) da drauf. Ihr müsst da auf Tartare achten, Beefsteak tartare geht auch, bitte nicht Schabefleisch. Ihr ahnt, es geht um etwas Exklusives. Wenn ihr den Toast bebuttert und belegt habt, dann kommt die Deko. Meistens Mayo, aber hübsch dekoriert, manchmal auch eine Kaper oder eine geschnittene Olive, sowie Petersilie oder bei Eiern, 1 oder 3 feine (!) Schnittlauchstreifen Und dann, dann kommt der Glibberüberzug. Der ist zwar nicht lecker, aber festigt das Gesamtwerk.

Canapés isst man am besten in einem Strassencafé, draussen, wenn die Sonne scheint. Man redet dazu am besten mit Freundinnen. Dazu passt immer ein Gläschen Traubensaft. Da man auch nicht satt ist nach einem oder zwei Stücken, passt dazu hervorragend auch noch ein Dessertchen und Kaffee. Wer deutsche Torten kennt, weiss, dass man spätestens nach der Sahneschichttorte nie mehr Hunger hat.

Nun, hier gibts Cafés und es gibt Sonne. Klinge kocht also ein deutsches Pendant, einfach herzustellen, lecker und passend zum draussensitzen. Ich empfehle dazu ein Rosinen-Kastenweissbrot, und dazu einen Eiersalat aus der Truhe mit, aufpassen, bereits integrierten Spargeln. Das gibts. Hätte ich auch nicht gedacht. Butter brauchts nicht, klatscht den Salat auf eine dicke Scheibe  Rosinen-Kastenweissbrot, und geniesst die Sonne. Wenn ihr drin seid, öffnet das Fenster und legt Euch in den Sonnenfleck.

Bon appétit!