November 15 2024

Es ist erneut Herbst…

…und ich spüre die Kälte. Ich spüre sie überall. Innen und Aussen, fremd in den Eigenheiten und Sitten. Einsam. Diese Herbstkälte wird ergänzt durch eine kurze Abwesenheit des (veganen) Göttergatten. Geplant war deswegen ein Rückzug in die rettenden Arme der „Racletteplatte“, verkauft durch den örtlichen, auf Weihnachtskrawall gebürsteten Supermarkt. Geplant war eine hochalpine Spezialität mit dem schönen Namen „Chäsbrätel“. Theoretisch nimmt man dazu eine schöne Scheibe Ruchbrot, am Besten vom grossen Laib, nicht vom Pfünderli. Dieses tunkt man in Kirsch ein, eine Art Obstler auf Kirschenbasis. Oder man tränkt die Brotscheibe direkt ein in Weisswein. Das habe ich weggelassen. Dann belegt man die Scheibe mit Knoblauchscheiben, mit dem Raclettekäse (oder sonstigem, zu schmelzen geeigneten Käse), würzt das Gesamtkunstwerk mit Zwiebeln, und den Gewürzen, die passend scheinen.
Da es hier kein perfektes Hefeweizenbrot gibt, dachte ich, ich nehme Baguette zum fertigbacken. Der Fehler! Tuts nicht!! Denn der Käse ist geschmolzen, hat gerochen, die Vorstellung alleine, das bald zu essen, war wunderbar. Ich wollte meine Chäsbrätel aus dem Ofen nehmen, und der nicht fertiggebackene Baguette-aber-nicht-ganz-fertig-brotlaib ist zusammengebrochen, abgestürzt. Dem Naturgesetz folgend, dass Marmeladebrote immer mit der Oberseite auf den Boden fallen, fielen die beiden Baguetteseiten auf die geöffnete Backofentür.
Was soll ich sagen. Es sah so furchtbar aus, wie es sich angefühlt hatte. Aber, die restlichen Trümmer schmeckten dennoch extrem lecker. Aber weil es so furchtbar war, fand ich auch nicht die Kraft, die Katastrophe zu fotografieren. Stellt es Euch es einfach vor.

September 11 2024

Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft und was die Körperpflege damit zu tun hat

Wir haben es geschafft! Wir sind tatsächlich gleichberechtigt. Keine Bange, nicht komplett, regt Euch nicht auf, Mädels. Sehen wir uns mal unter der Lupe an, was ich damit meine: Hat uns Frauen die Kosmetikindustrie noch in den 90ern rosarote und türkise Rasierklingen verkauft, mithilfe derer wir uns“ggrremige und sanfte Beine“ zurechtrasieren konnten, so gibt es jetzt eine Shampoo nur für Bärte, auf denen tatsächlich „Man’s Best Friend“ zu lesen ist. Wir werden also beide gleichermassen für dumm verkauft. Wenn das kein Fortschritt ist. Ich denke an die Shampoowerbung der 80er und 90er, wo der Betrachter eine halbnackte Frau sieht, von hinten gefilmt, die ihre Haartracht, meist lange dunkle oder blonde Haare, wunderschön anzusehen, in Zeitlupe schüttelt. Die Frau scheint über irgendwas nachzudenken und sich ihrer wunderschönen Haarpracht gar nicht speziell bewusst zu sein, sie sind da, sie sind immer perfekt, und das ist auch normal, wegen dem beworbenen Shampoo oder Conditioner. Nun überlege ich natürlich schon den ganzen nachmittag, wie die Werbung für einen Bartshampoo aussehen muss. Ist er auch so selbstvergessen sinnlich? Oder geht es eher in Richtung sportlich-nass glänzender Bart, der aus einem blaugrünblauen Schwimmbecken auftaucht, an einem männlich-kantigen Gesicht, und man darf noch etwas gebräunte Brust sehen, und der Bart sitzt nasstropfend und doch perfekt am Kinn, während er lächelnd die Augen schliesst, im Bewusstsein, dass sein Bart absolut unglaublich seinem schönen Gesicht schmeichelt? Oder benutzt der Weihnachtsmann dieses Shampoo? Dieser seit Jahrhunderten gleich weiss blitzende Bart, der die gütig lächelnden Augen umspielt? „Das Shampoo, das aus einem Knecht Ruprecht einen St. Nikolaus macht?“ Wenn man dann weiterdenkt, hat sich nichts geändert. Ja, Männer werden jetzt auch für dumm verkauft, befestigt an einem Rollenbild, das sie gefälligst zu erfüllen haben. Männer haben Bart, und Frauen sind rasiert. Dazu gibts die passenden Produkte, also kauft, Leute, kauft!

August 26 2024

Die Party oder mein Fazit

Es war ne schöne Stimmung. Ein lauer Abend mitten im Wald, gefühlt, mit See und liebestollen Fröschen. Sehr nette Leute. Und diese spürbare Erwartungshaltung, die auch als „es ist viel Liebe in der Luft“ oder „sehr viel positive Energie“ oder überhaupt als „Energien“ wahrgenommen wurden. Nach 12 Stunden Zugfahrt wurde man mit Keksen,Tüten und Nudeln und netten Gesprächen bewirtet, es war ne Freude. Wobei ich mich zurückhielt, 1 Zug Tüte, ein halber Keks, Stunde Pause, dann noch n halber Keks, und dann nochmals ein Zug einer Tüte. Diese war, glaube ich, mein grösster Fehler. Man hatte da schon während des letzten Zuges an der Tüte dieses Holla-die-Waldfee-Gefühl, das dann in eine Nacht mit schwerem Seegang gipfelte(ich war der Überzeugung, gegen die Wellen bergauf liegen zu müssen, wobei ich mich an der Matte festhielt, weil ich ja andernfalls runtergerollt wäre). Am nächsten Morgen war mir immer noch n bisschen…naja, ich beschloss, etwas kürzer zu treten. Schwerer Kopf und so. Zu diesem schweren Kopf frühmorgens gesellte sich dann eine Diskussion mit einem Tantralehrer zum Thema Liebe. Er schien es für das höchste zu halten, wenn man bei der körperlichen Liebe vor allem an sich selbst denkt, ohne dass der Lebenspartner damit was zu tun haben muss. Ich hielt es für die höchste Liebe, ein Kind bedingungslos zu lieben. Ohne diese Liebe ist auch eine körperliche Liebe für sich selbst, nicht möglich. Er fand es ein „schöner Gedanke“, ich fand es unendlich traurig. Ich brauchte Kaffee. Wusstet ihr, das Huldrych Zwingli in meiner Kindheit ziemlich präsent war? Ich bin zugeknöpft. Aber sowas von. Und vor dem ersten Kaffee sowieso.

Später am Tag wurden Essenzen ausprobiert, die ich jetzt mal als Steigerung der Liebesfähigkeit und Öffnung von allerlei spiritueller Augen weitergebe. Ich bin da zu zugenöpft für, und ausserdem habe ich tierisch Schiss vor dem Zurückkommen. Ich bin gerne jederzeit Dame meiner Sinne. Was mir, was ich gar nicht nett fand, als An-Anan-An-Akastisch interpretiert wurde. Es gab Trommeln. Ich hatte mal Djembe getrommelt, und kenn das, das Leute dazu tanzen. Die sind jedoch allesamt umgefallen, und haben „meditiert“, mit oder ohne Gänsefüsschen. Das war etwas überraschend. Ich hab es auf die Stimulanzien geschoben. Da ich da den Anschluss schon gar nicht erst finden wollte, aus obgenannten Gründen, sind wir dann etwas spazieren gegangen, mein Göttergatte und ich.

Mir fiel zum ersten Mal auf, wie sehr es mich stresst, wenn Leute, die ich sympatisch finde, oder die ich gerne mag, sich abschiessen. Ich habe dann Angst, Angst, alleine zu sein, in einem sehr grossen, sehr kalten und sehr leeren Universum. Aber auch die Angst, diesen Menschen dabei zusehen zu müssen, wie sie sich verändern, sie freiwillig einen Teil von sich an etwas abgeben, das mir immer sehr unnachgiebig, hart und metallisch vorkommt, in verschiedenen Schattierungen. Und immer denken sich diese Leute, dass sie alles unter Kontrolle haben… Ich rechne meinem Liebsten hoch an, das er bei mir geblieben ist, die ganze Zeit über, und mich nicht alleine liess. So hatte dieses kalte Universum doch noch einen warmen, schönen Stern. <3

Als wir von unserem Spaziergang zurückkamen, war die Hollywoodschaukel leer. Wir setzten uns rein und genossen den Teich und die Frösche, die Lichtshow….dabei bekamen wir allerlei Angebote, „Trittbrettzufahren“, was uns erklärt wurde als „energetische“ Teilnahme an den Reisen, wie es genannt wurde. Wir wurden zuvor aufgeklärt, was genommen wurde und was man nehmen würde, demnächst, und das wir dann eben Trittbrettfahren können. Es wurden Abkürzungen benutzt, mit denen ich nicht allzuviel anfangen konnte. Die Bekleidung wurde immer weniger (was auch angekündigt wurde und wogegen wir nicht protestierten, das Angebot zum Protest bestand), und mir wurde langsam klar, was diese energetische Teilnahme ebenfalls bedeuten könnte…glücklicherweise begann es, tierisch zu regenen, und wir haben uns in unser Zelt zurückgezogen.

Sonntags schienen alle Leute wieder komplett bei sich zu sein, und wir fuhren mit dem Zug nach Hause. Und heute, heute ist mir wieder schwindelig.

Das Fazit, wie im Titel angekündigt: ich bin froh, dass ich an so einer Party teilnehmen durfte, und mir mein eigenes Bild machen durfte. Aber das ist glaube ich, nichts für mich. In einem anderen Rahmen würde ich diese Menschen alle gerne wieder sehen, denn sie waren zweifelsohne alle nett. Und mit dem Kiffen sollte ich jetzt definitiv aufhören.

Juli 18 2024

Traumzeit mit der Deutschen Bahn

Im Voraus notiert: ich bin durch einen funktionierenden Taktfahrplan Bahn-sozialisiert, und ich ging auch davon aus, dass sich die Bahn an Geleise und Beschriftungen (zum Beispiel, wo der Zug hinfährt und wo nicht) hält und das erste, das ich in Deutschland aufgegeben hatte, war, nach 3 Minuten Verspätung eines öffentlichen Verkehrsmittels nervös auf die Uhr zu sehen. Da ich nicht Autofahren kann und will, bin ich also tatsächlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Dadurch war ich eine unglückliche Bahnkundin mit wahlweise Monatsabo, 7 oder 49 Euro-Ticket, die so tat, als sei die Bahn im Normalfall pünktlich. Das ist sie nicht, und bleibt man stur im Zug sitzen, kann es sein, dass man nicht da ankommt, wo der Zug ursprünglich hinwollte.

Doch neulich hatte ich meinen Durchbruch, und es funktioniert: Das Geheimnis ist, man sollte die Regionalbahn nutzen, und zwar entspannt. Ein Freund hatte mir gesagt, man solle sich die Traumzeit zunutze machen (richtig, das Konzept der Aborigines) Man sollte sich seinen Weg denken. Völlig unbelastet von einer Zeit, in der man da sein sollte. Denn dann, so meine Erfahrung, kommt man superpünktlich, wenn nicht sogar früher als geplant, an. Ein Beispiel: Ich plane, morgens in Allerfrühe den Zug ab Hamburg nach Berlin zu nehmen. Da habe ich die Möglichkeit, den ICE zu nehmen, der braucht dann etwa 2 Stunden für die Strecke. Da der unglaublich viel kostet, weil der ja nicht zum 49 Euro Ticket Netz gehört, nehme ich den Zug nach Stralsund, und von da an runter nach Berlin. Ja, das dauert, aber Reisen ist eine Kunst. Im Laufe der Fahrt verstehe ich, das irgendetwas bahntypisches passiert ist, eine Brücke ist umgefallen oder die Geleise haben sich über Nacht in Rost aufgelöst, und mir nun der SEV blüht , der Schienenersatzverkehr. Deswegen keinen Kummer; wagt einen Blick in die Karte: Die Bahn schmeisst Euch irgendwo in der Pampa- ja in die Pampa raus, und da stehen dann fünf Busse. Sagen wir mal, in Hornstorf. Drei fahren nach Rostock-Stralsund, und zwei fahren nach Güstrow-Neubrandenburg. Du kannst den SEV nach Neubrandenburg nehmen, und von da an den SEV nach Berlin, der lässt Dich dann ganz untypischerweise, auf Dein Bitten hin, an der Gräfestraße raus, und bist 20 Minuten schneller als der ICE, hast aber erlebt, wie Hansa Rostock heute abend ein Spiel gewinnen wird und wie es nördlich von Schwerin aussieht. Zusätzlich hat Dir eine alte Dame verraten, wie Du eine samtweiche Haut bis ins hohe Alter bewahrten kannst und Du hast ein Rezept für Mohnstollen erhalten.

Was ich damit sagen möchte: es ist tatsächlich alles halb so wild, ihr kommt an, ihr kennt den Pfad und die Mittel nicht, es kann alles sein, ein Tuctuc, eine Horde wilder Esel, eine Stretchlimousine. Du musst nur Dein Ziel kennen. Der Weg findet sich. Es bleibt ein Abenteuer, aber das Risiko ist kalkulierbar. 🐍

April 17 2024

Das untote Excel-Sheet oder das Symptom einer unzfriedenen Crew

Ich gestehe, bislang war mir eine Excel-Tabelle eher gleichgültig. Ich versuche, wenn möglich, Excel zu vermeiden, aufgrund der Komplexität, und weil (das letzte mal, als ich mir überlegte, es zu nutzen) die Schrift kacke aussah. Und das immerewige Windwos. Ich höre Klagen und Jammern, wie schwierig es ist, und denke mir, dass ich schlimmstenfalls einen Taschenrechner habe. Das ist oldschool, aber für meine Verhältnisse genügend.

Nun, meine Firma nutzt, als Übergabeprotokoll, ein Excel-Sheet. Dieses Excel-Sheet ist online, ich muss es im Browser bedienen. Und, ja, wir sind die Bude, die hin und wieder, um Prozesse zu beschleunigen, den Firewall ausschalten – diese Protokolle im Browser, das hasse ich schon mal, weil ich zu den Menschen gehöre, die Fenster immer schliessen. (damit gehöre ich auch zu den meistgehassten der Kollegen – geiles Feeling!) Es ist eine Tabelle, wir haben zwischen 20 und 30 Bewohner, und diese Bewohner werden von 3 Schichten betreut. Zudem gibt es pro Bewohner noch eine zusätzliche Zeile für „Besonderes“. Sie ist also etwa 25 x 4 Zeilen lang, und 2 Zeilen breit; Name, Zimmernummer und Foto ist in der linken Hälfte des Bildschirms, die zweite Hälfte hat noch einen Kasten eingefügt, wo nacht/früh/spät eingetragen steht, damit wir auch wissen, welche Schicht den Text zum Kind geschrieben hat.

Abgesehen davon, dass es etwas unübersichtlich ist, die Suche nach dem Kind, weil man nicht nach Name suchen kann…es schafft ungeahnte Möglichkeiten, so eine Excel-Tabelle. Ich verurteile das jetzt gerade nicht. 🙂 Aber es kommt immer wieder vor, das einzelne Mini-Tabellen (die man als Nutzer so ja nicht erkennen kann) vermutlich von verärgerten Nachtwachen (die !Wachen! müssen) etwas verspielt werden. So vergeht die Müdigkeit und der Ärger im Flug, und die anderen Schichten haben viel zu lachen, bis aus dem griechischen Alphabet, den Sonderzeichen, dem Nichts und den überraschenden Zahlen wieder ein lesbarer Fliesstext wird. Das lustigste daran ist, das man diese Einstellungen an verschiedenen Orten ändern kann. Und wenn sich die Frühschicht geärgert hat, und erschöpft nach soviel Excel nach Hause geht, kann die Spätschicht, deren Feld bislang noch nicht genutzt wurde, nochmals von vorne beginnen, ohne Support von der Frühschicht, denn die ist ja bereits geflüchtet.

Wir haben eine Haus-IT, sogar eine Abteilung, aber der eine fühlt sich für solche Banalitäten nie zuständig. Der hat Dinge wie Chip-Schlüssel formatieren und Dienst-Laptops einrichten im Kopf, und ist unglaublich gestresst, während der andere sehr adrett aussieht, aalglatt ist und eine Karriere als Lustknabe oder Ehemann in Betracht zieht, eine valide Karrieremöglichkeit, schliesslich sind wir ja im sozialen Bereich tätig. Der spricht nicht mit dem arbeitenden Pöbel. Vermutlich leidet seine Schönheit, wenn er mit unseren Sorgen konfrontiert ist…und das kann ich ja auch nicht verantworten.

April 10 2024

Was Frau darf, und was nicht

Im Herbst 2025 sind wieder Wahlen in Deutschland. Das bedeutet, dass sich wieder schnittige erfolgreiche Frauen, die in konservativen Parteien ihre Karriere planen, entblöden, zum Thema Schwangerschaftsabbruch keinen guten Punkt zu finden.

Ich bin beim besten Willen keine Feministin, im Gegenteil, mir geht diese Schubladendenke auf den Keks. Wir sind Menschen. Und zwar alle. Zur Unterstützung würde ich gerne Artikel 3 des Grundgesetzes hier einfügen:

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Eigentlich ist das einfach zu verstehen. Wir sind alle gleich vor dem Gesetz. Mein Bauch ist genauso uninteressant wie dein Bauch. Oder genau so öffentlich.

Wir können ja gerne weiterdenken. Ich kenne Euer Wertesystem jetzt ein wenig, meine lieben Konservativen. Ihr habt es gerne..ja, konservativ. Gerhard Polt brachte das unter „a bissl a Bia“ auf den Punkt. Mit dem Bier, da kommen dann die Kinder, die „nicht mehr neurotypisch“ sind, wie die aufgeklärte obere Mittelschicht das jetzt nennt. Bleiben wir bei den eigenen, selbstgemachten Kindern, von ebenjener oberen Mittelschicht. Ein Kind geplant durchzuziehen, dazu braucht man keinen Eheschein, aber es hilft. Steuerermässigung. Kindergeld, Elterngeld. Der Papa oder die Mama arbeiten teilweise im Büro, oder zuhause bei dem Kind, später dann Kindern, weil ohne Geschwister ist das nur mässig lustig, und passt nicht zu dem 08/15 Familienbild. Noch später ist dann KiTA, aber das lass ich jetzt mal aus. Das sind nicht die Menschen, die – und jetzt geht es wieder zurück zur CSU-Familienplanerin – abtreiben. Vielleicht war das Kind nicht geplant, vielleicht erschrickt das Paar etwas, streitet, und erst dann heiraten sie überglücklich. Vielleicht heiraten sie auch nicht. Das freut die CDU oder die CSU nicht, aber sie sind ja kulant. Solange nicht abgetrieben wird. Die obere Mittelschicht, sich gerne auch „progressiv“ und doch „heimatliebend“ nennend, sie brauen und trinken Craft-Bier und Met aus selbstgeimkerten Met.Diese Kinder bekommen, sollten sie irgendwelche bierbedingten psychischen und physischen Auffälligkeiten haben, mit grösserer Wahrscheinlichkeit die Zuwendung, die sie benötigen.

Diese obere Mittelschicht adoptiert auch mal. Man muss einiges beweisen, ehe ein Kind vom Jugendamt in Obhut übergeben wird.

Man fragt sich doch dann, woher diese Kinder kommen? Geklaut sind die nicht. Vermutlich weiss das Jugendamt ziemlich genau, wer die biologische Mutter/Eltern von dem Kind ist/sind. Diese Mütter sind oft sehr jung, und sehr verzweifelt. Vielleicht sind Drogen oder Alkohol ein regelmässiger Begleiter dieser Mütter. Oder sie wurden vergewaltigt. Oder, das musste ich mal miterleben, sehr krank (psychisch) und hatten sich extrem auf ihr erneutes Kind gefreut. Es wurde ihr nach der Geburt weggenommen. Angeblich, weil die sie behandelnde Ärztin es für sich behalten wollte, so sagte die Mutter des Neugeborenen. Auch solche Kinder wollen einen normalen Start in ihr Leben, und den erhalten sie nicht. Entweder weil sie nach der Geburt in eine Babyklappe geworfen werden, oder weil sie der Mutter weggenommen werden. Für das Kind ein furchtbarer Schock. Keine Woche alt, und schon das erste Trauma. Ein Trauma, wer das nicht wirklich weiss, ist auch der Ursprung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Nur für den Hinterkopf.

Verfolgen wir die Laufbahn von diesem hypothetischen Baby. Dieses Baby kommt in eine Einrichtung. Es wird versorgt, bekommt das nötigste, und früher oder später gibt es Eltern, die es aufziehen möchten. Es weint oft, weil es zum zweiten Mal in seinem Leben eine wichtige Bezugsperson verloren hat. Wenn es komplett im Heim aufwuchs, ist die Aussicht noch etwas trauriger.

Unser hypothetisches Baby hat ja jetzt Adoptiveltern. Die lieben es und herzen es. Es wird älter, es kommt zur Schule, fällt von mir aus auf, vielleicht auch nicht. Es wird ein Teenager. Es wird schwierig. Es zerstört Dinge. Es beginnt zu lügen, und es beginnt verbotene Dinge zu tun. Die Polizei beginnt sich für dieses Kind zu interessieren. Wir, die konservativen Eltern, die mal ein Kind adoptiert hatten, erinnern uns, das es nicht wirklich unser Kind ist. Vielleicht ist ein Aufenthalt im Heim besser? Unser Kind macht jetzt 3 Wochen Ferienaufenthalt im Heim. Es geht etwas zur Schule, es freundet sich mit den anderen Kids an. Gemeinsam betrinken sie sich vor dem Heim. Dazu rauchen sie jetzt legale Drogen. Vertrauen? Nie im Leben, das werden sie nicht mehr. Um wirklich ruhig sein zu können, dazu schneiden sie sich jetzt regelmässig die Arme oder die Beine auf. Wir, die besorgten Eltern, wir entscheiden uns, dass wir dem Kind ein Leben im Heim ermöglichen und an Ostern bekommt es ein Paket vom Osterhasen und an Weihnachten nehmen wir es nach Hause.

Die Zeit vergeht.

Vor einer Woche war unser Kind mal in einer Wohnung erwacht, keine Ahnung, wie es da reinkam, aber unser Kind war nackt und auch ziemlich betrunken. Später erfahren wir, dass dieses Kind ein Kind erwartet oder aber Vater wird, und Alimente bezahlen muss….Abtreiben geht nicht, weil da ist die CSU dagegen. Bezahlen geht auch nicht, da einfach auch kein Geld da ist.

Wir entschliessen uns für die Babyklappe, das hat ja damals auch ganz gut geklappt.

Wer sich jetzt fragt, warum nicht verhütet oder wie im Fall eines schwer kranken Menschen, sogar sterilisiert wird, oder dann abgetrieben, zum Beispiel die schwer kranke Frau, die Kinder haben will, zu Beginn der Geschichte…das geht einfach so eben nicht.

Historische Aspekte: Eugenik und Zwangssterilisation
Die detaillierten Reglementierungen in Deutschland müssen im Kontext der nationalsozialistischen Vergangenheit betrachtet werden und haben den Sinn, die Menschenwürde zu schützen und die Zahl nicht notwendiger Sterilisationen zu reduzieren.
Dtsch Arztebl 2008; 105(21): A 1131–3

Ich kann nachvollziehen, das man lieber einmal mehr kontrolliert, und sich absichert, gerade im Hinblick auf die Geschichte. Aber das Dasein als Gebärmaschine, das hat auch nichts mit Menschenwürde zu tun. Und ich glaube ehrlich nicht, das es schön ist, als Kind zu verstehen, das die biologischen Eltern nicht für einen Sorgen wollten? konnten? sollten?

Daher, sehr geehrte CDU/CSU, hört auf christlich rumzujaulen und versucht Euch in Nächstenliebe. Ermöglicht das abtreiben und verhindert sehr viel seelisches und in Folge auch physisches Leid.

Januar 7 2024

Die Dampfmaschine, ein Pfund Rinderhack, eine Hantel, eine Playstation und was Freud damit zu tun hat

Das gängige Modell des modernen Gehirns ist ja die „Festplatte“ auf dem „Programme“ laufen. In etwa. Kann man machen. Kann man sagen. Wir gehen bei diesem Modell davon aus, dass wir einen 08/15 Menschen zur Verfügung haben, mit einem 08/15-Gehirn. Eine schöne Analogie, ein kühles raspeln, ein paar mal Blinken, und dann läuft das Ding. 1 + 1 sind 2. Hurra! Freuds Dampfmaschine, mit dem ES, das Dinge will, unaussprechliche DINGE, vom Über-Ich nicht erlaubt, es zischt und sprudelt und dampft aus jeder düsteren Ecke des Verstandes (und anderen, klebrigen und unaussprechlichen Orten, wo man besser nicht zu genau hinsieht) , ist eben out. Das „Ich“ in der Mitte als Vermittler zwischen „Über-Ich“ und dem ES ist veraltet, es ist zu einfach, im Allgemeinen ist die Neurologie und die Psychologie einen Ticken komplexer als das Freud in seinem Modell vorgeschlagen hat. Meine Erzählung handelt jedoch von einem jungen, männlichen, nicht-neurotypischen Teenager, ich nenne ihn jetzt mal Adam. Adams Gehirn ist noch vom Dampfmaschinentyp. Sein ES will die üblichen Dinge, sein Über-Ich hat die meiste Zeit frei, und sein Ich will Playstation spielen. Daher hat sein Ich eigentlich freie Bahn, sein ES chattet über Playstation mit dem jeweiligen Ziel der Begierde.

Es war Sommer, es war heiss, und er war mit Playstation bei seiner Familie auf Familienbesuch. Ein Verwandter, der etwas vom „gamen“ versteht, wie es heisst, hat das Ding aufgeschraubt, wohl um die Playstation zu tunen. Man hat es mir nach seiner Rückkehr als Tuning erklärt. Da ich eine dumme alte Frau bin, die von Computern nichts versteht, erklärt man mir immer alles auch sehr genau, langsam und für Dummies. Nach dem Wieder-Verschliessen gab es dann so ein schleifendes Geräusch, irgendwie kratzend. Es klang nicht gut. Es half jedoch ne zeitlang, wenn man dann eine Hantel (2,5 Kilogramm) auf den Deckel gelegt hat. Dann hat das Geräusch aufgehört. Aber dann begann die Playstation, heiss zu werden. Wenn sie dann zu heiss war, hat sie aufgehört, zu funktionieren. Also musste man sie runterkühlen.

Vielleicht sollte man noch ergänzen, dass Adam sehr wenig isst. Wenn Adam also auftauchte, war es für uns Betreuer immer ne kleine Feier wert, wenn er etwas vom Kühlschrank wollte. Mal ein Eis, oder, noch besser, zwei Eis. So kam es, dass er ein Pfund tiefgekühltes Rinderhack wollte. Um Bulletten zu machen, meinte er. Da wir im Sommer auch gerne mal draussen grillen, dachte sich der Kollege auch erst mal nichts dabei. Wenn Adam ein Pfund TK-Rinderhack will, klingt das nicht nach etwas, das Adam so essen oder haben wollen würde. Das klingt eher nach: „Bitte geh schnell zum Kollegen und lass Dir ein Pfund Rinderhack bringen, wir machen für heute abend Bulletten“ So bekam Adam das Rinderhack. Als die Nachtwache dann nachts die Playstation haben wollte, da stiess sie auf ein geschmolzenes Pfund Rinderhack auf der Playstation. Das gab natürlich Ärger. Die Nachtwache wollte Fleisch und Playstation zurück, Adam wollte beides behalten, da er tagsüber zeitliche Ausfälle zu beklagen hatte, in der er nicht chatten konnte. Sein ES wollte mit der Königin des jeweiligen Games turteln – würden wir ihm das Fleisch und die Playstation wegnehmen, würden wir ihn von seinem sozialen Umfeld abschneiden.

Fazit für mich: Freuds Dampfmaschinenmodell mag etwas albern sein, aber es hat auch im Zeitalter von Festplatten und Programmen seine reizvollen Momente. Man sollte Dampfmaschinen aber auf alle Fälle von Hackfleisch und Playstations fernhalten.

Dezember 13 2023

TheEiofthecook

Der Titel ist mässig lustig, aber nach heute brauchte ich einen Schampus, der gar nicht mal so übel war, aber ich bin Anfänger in der Materie, also übt euch bitte in etwas Nachsicht. Der Schampus war halbtrockener Rotkäppchensekt, erhalten als Wichtelgeschenk von einer/m unbekannten KollegIN(auch wenn ich einen Verdacht habe, ja, Cordula! Danke im Nachhinein!) Es war ein anstrengender Tag. Der Beginn war zum Kotzen, mit Ausnahme des Kaffees und der kurzen Solidartitätsbekundung durch den den Chef, danke an dieser Stelle. Er ging anstrengend weiter und mündete bei dem Mittagessen, das uns allen ernstes so, wie fotografisch festgehalten, serviert wurde. Dazu gab es Trockenreis und Vollkornbaguette. Interessanterweise konnte ich beobachten, dass Menschen mit Punkervergangenheit oder einer Affinität zu Punk davon assen. Die anderen assen Brot/Panikreis mit Ketchup, Senf oder dänischer Sahnemajo mit Dill. Ihr fragt Euch jetzt sicher, was das sein könnte. Es ist keine Lasagne, keine Tomatensuppe und auch kein Huhn. Es ist pochiertes Ei, in Tomatensauce mit Peperonistückchen, wobei ich hoffe, dass die Eier nicht in der Tomatensauce pochiert wurde, auch wenn es die Fussel in der Sauce besser erklären würde.

Ich würde dem geneigten Leser des Kochblogs dazu empfehlen, „Eye of the Tiger“, gespielt von den Survivors, zu hören, und an Rocky zu denken.

Oktober 15 2023

Immer, wenn die taz nicht weiterweiss oder die instrumentalisierte Psychoanalyse

Ja, immer wenn die taz nicht weiterweiss, dann muss wieder jemand ins Bilderarchiv, und ein deutsches Konzentrationlager muss veröffentlicht werden. Es werden wieder die Leiden der abgeschlachteten Massen gezeigt, und wie unschlagbar furchtbar die Shoah war. Dabei wird vieldeutig nach Israel gedeutet, und diese letzte Barbarei der Terrororganisation Hamas. Es geht um den polemischen Satz: „Der Tod ist ein Meister aus Gaza“.

Natürlich wird auch festgehalten, dass Deutschland, quasi als Lehre, fest zu Israel und seinem tun steht. Und natürlich, damit Leser* auch von der Wissenschaftlichkeit und der Objektivität von der taz überzeugt ist, wird dann auch noch die Psychoanalyse an den Haaren herbeigezogen.

Abspalten und Projektion, wird hier genannt. Nun, sehen wir uns das genauer an. Das gehört zu den unreifen Abwehrmechanismen. Das bedeutet, dass man eigene Gefühle oder Motive einer anderen Person zuschreibt.

Eine Abwehr gibt es nur, wenn ein sogenannter Intrapsychischer, oft unbewusster Konflikt besteht. Ich denke, dieser Konflikt könnte in etwa so aussehen (das ist ein rein hypotetischer Konflikt):

Israel, das sind die Juden. Sie dürfen alles, weil sie die Shoah überlebten, sie haben bereits für alles im Voraus bezahlt. Sie können gar nichts Böses tun, denn sie haben die Shoah erlitten und überlebt. Mein Opa war ein richtiges Schwein, und die Oma, diese Nazibratze, lebt immer noch! Und das da, das sind die Kinder und Enkel von denen. Israel, das sind die Guten. Wir waren die Bösen, und wenn wir jetzt was sagen, dann sind wir wieder die Bösen. Andererseits sieht man, als normal denkender und fühlender Mensch, das da etwas echt nicht gut läuft. Ja, man möchte eigentlich sagen, dass das gar nicht geht. Aber das darf ich als Deutscher gar nicht, meine Schuld ist zu gross. Ich wäre dann so rechts wie die damals!

Der Theorie Freuds zufolge müssen diese unbewussten Konflikte aufgedeckt und bearbeitet werden, so dass ein reifere Abwehrform daraus entstehen kann.

Zurück zu der unreifen Abwehr, der Projektion: In diesem Fall spaltet man vermutlich die eigene Schuld am Tod von 6 Millionen Menschen ab und projeziert sie auf die Palästinenser. Was das mit den eigenen Gefühlen oder Motivationen zu tun hat, lässt die taz offen. Wenn wir also schon dabei sind, können wir alles durchexerzieren, einfach weil es so schön ist, damit Freud in Ruhe weiterruhen kann.

Verleugnung ist auch so ein unreifer Abwehrmechanismus. Es ist die Weigerung, die schmerzhafte Realität zur Kenntnis zu nehmen. Zum Beispiel, dass Israel aktuell eine sehr rechte Führung hat, welche die Palästinenser unterdrückt und einen Pfifferling auf GG eins hält: hier zur Vereinfachung noch eingefügt:

(1) 1Die Würde des Menschen ist unantastbar. 2Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt

Man verleugnet die Tatsache, dass Israel wie Nazideutschland (und all diese anderen EU-Aussengrenze-ratifizierenden Staaten) auch, sich nämlich einen Scheiss um die Würde eines jeden Menschen kümmert. Das machen viele Staaten, aber wenn Israel das tut, dann schmerzt das, und in Deutschland wird es einfach verleugnet. Wer es trotzdem sieht und das auch sagt, der wird dann Opfer von der Verschiebung.

Verschiebung ist die unangemessene Übertragung von Gefühlen von einer Person auf die Andere. Wenn ich also sage, dass das, was Israel schon sehr lange tut, eine menschenverachtende Schweinerei ist, dann werde ich garantiert in kürzester Zeit als Antisemit diffamiert. Was ich nicht bin. Und ich zweifle angeblich das Existenzrecht von Israel an. Was ich nicht mache. Aber in der Verschiebung kann man die eigene Wut (bei Freud auch gerne mal „unakzeptable Gefühle“), die man bei sich selbst nicht zulassen kann, weil man Deutscher ist und damit eine Riesenschuld aufgeladen hat, auf jemand Anderen übertragen.

Vermeidung, auch so ein unreifer Abwehrmechanismus. Vermeidung bedeutet, dass man einer Herausforderung aus dem Weg geht. Zum Beispiel dass man als Journalist sagt: „Hey, das geht gar nicht, was die da machen!“ Oder als deutscher Politiker: „Zivilisten und die Infrastruktur werden einfach nicht bombardiert! Wenn das so weitergeht, bekommst Du keine Waffen mehr!!“.

Liebe taz, bitte lasst doch Freud in Ruhe. Freud war Neurologe und damit Mediziner und Psychoanalytiker. Oder seid konsequent. Wenn ihr wen zum Therapeuten schickt, dann rechnet damit, dass es erst eine Diagnostik gibt. Diagnostik macht man nicht mehr nach Freud, soweit es die Psyche betrifft. Ich nehme hier die 7 Kriterien nach Butcher (2008). Butcher beschränkte sich jedoch auf Menschen, möchte ich hinzufügen. Schicken wir Israel zum Therapeuten, machen wir zuvor eine schöne Diagnostik:

  1. Leidensdruck oder Behinderung: Die zu betrachtende Person, empfindet persönlichen Leidensdruck oder funktionale Einschränkungen in psychischer Hinsicht, die eine Verschlechterung des physischen Zustandes hervorruft. Für Israel ist ein Krieg sicher eine Leid oder eine Behinderung, für die Bewohner ebenfalls, ob nun Hamasmitglied oder nicht.
  2. Fehlanpassungen: Die zu betrachtende Person verhält sich so, dass sie das Erreichen eigener Ziele verhindert, sich nicht um das eigene Wohlbefinden kümmert, oder andere vom Erreichen ihrer Ziele abhält oder den Bedürfnissen der Gesellschaft nicht gerecht wird. Da kann man sicher auch „das normale Alltagsleben“ von der Bevölkerung Israels zuzählen. Ein Krieg ist keine Lösung. Gewisse Wirtschaftszweige werden am Stock gehen, zum Beispiel der Tourismus.
  3. Irrationalität: Eine Person redet oder verhält sich derart, dass es anderen irrsinnig oder unverständlich erscheint. Die Unterdrückung der Palästinenser halte ich für irrational.
  4. Unberechenbarkeit: Eine Person verhält sich sprunghaft und unberechenbar, wechselhaft von Situation zu Situation, als hätte sie keine Kontrolle über ihr Verhalten. Nun, ich gebe zu, ich war schockiert über den Überfall der Hamas. Was ich auch schockierend fand, war, dass ich einen Tag später statt Werbung Kriegspropaganda der Israelis erhielt. In den Pausen meines online-Spiels. Sie warben mit Bildern von 9/11, Al-Quaida-Anschlag. Diese Leichenfleddererei war sehr unerwartet.
  5. Aussergewöhnlichkeit und statistische Seltenheit. Eine Person zeigt Verhaltensweisen, die statistisch selten vorkommen und die sozialen Standards dessen, was normal ist, verletzen. In die Luft schiessen ist auch für Palästinenser normal und schön laut, Menschen zu töten wird üblicherweise nicht gutgeheissen.
  6. Unbehagen bei Beobachtern: Ja, da sind wir wieder bei den Schweinereien. Man sieht lieber nicht so genau hin, weil man Angst oder Unbehagen vor dem hat, was man möglicherweise sehen würde.
  7. Verletzung moralischer und gesellschaftlicher Normen. Blutvergiessen wird im Buch Bereschit, dem 1. Buch Mose erwähnt: G´tt verurteilt Kain, nachdem der Abel tötete und teilt ihm mit: „die Stimme des Blutes Deines Bruders schreit zu mir von der Erde (4,10)“. Das 6. Gebot Mose ist auch im Judentum, dass man nicht töten soll. Rabbi Hillel hält es mit „liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, und das wiederum fasst die Thora zusammen. Ich gehe davon aus, dass Juden der ganzen Welt nicht einverstanden sind mit diesem riesigen, ungerechten Blutvergiessen, dass in Israel gerade passiert. Verursacht durch die Hamas, aber auch durch die Seite Israels. Da sich Israel als jüdischer Staat versteht, nehem ich hier die Thora als Norm.

So, ich hoffe, taz, dass Du Dir ne andere Wissenschaft suchst, um Deinen (verzeih meine Offenheit) teilweise eher minderwertigen Journalismus aufzupolieren. Du kannst stattdessen versuchen, mit liberalen, mit unreligiösen, mit orthodoxen oder mit konservativen deutschen Juden zu sprechen. Mit palästinensischen oder jüdischen Israelis. Mit Zionisten. Mit Noam Chomsky. Wenn die Reise nach Israel zu teuer oder zu gefährlich ist, findest Du die alle auch in Deutschland, Europa oder Amerika. Du kannst vermutlich Zoom-Sitzungen machen. Versuch mal, die deutschen Leser aufzuklären, dass Juden nicht automatisch Pro-Israel sein müssen. Das Juden, Israel und Zionismus drei verschiedene Dinge sind, die nicht unbedingt eine Schnittmenge haben müssen. Dass Juden, die gegen dieses Blutvergiessen sind, nicht automatisch Feinde Israels sind. Das ist Propaganda eines sehr rechten Staates.

Das wäre mal eine Aufgabe für Euch.

Oktober 14 2023

Shopping, eine Site namens Etsy und allerlei Kram

Mir ist langweilig. Draussen pfeift der Wind, der Regen peitscht von allen Seiten auf die Fenster. Die Heizung läuft auf Halbmast und ich habe kalte Füsse. Heute brauche ich etwas Buntes. Erst sehe ich mir, unter mehreren Bettdecken vergraben, verschiedenste online-Sites von Modehäusern an. Ich bin wild entschlossen, eines Tages den rauchigen Blick dieser Models zu lernen. Ich wäre, glaube ich, unendlich verwirrt, würde ich von irgendwem so angesehen werden. Oder ich würde den versteckten Alarmknopf drücken, in der Hoffnung, dass die Security dann auch rechtzeitig kommt und mich rettet, ehe es zu spät ist. Nichtsdesto trotz werde ich das eines Tages aus geschminkten, geschwärzten Waschbärinenaugen rauchige Blicke in einer polierten Bar verteilen und dabei mit sinnlich geöffneten Lippen…ja, was zu tun? Models streichen hier im Normalfall mit ihren Händen über sündhaft teure Beinkleider. Das finde ich jedoch albern. Das wäre mir dann doch zu peinlich. Ich stelle fest: mein Erfahrungshorizont ist hier wohl zu Ende. Ich beende die online-Streiftour durch südeuropäische Modehäuser und wechsle zu Etsy. Wer Etsy nicht kennt, sollte es sich unbedingt ansehen. Es ist, wie mir meine Nachbarin vor Jahren mal erklärt hat, der online-Handel der Kunsthandwerker. Sie sagte das ernst, ohne Gänsefüsschen um die Kunst. Ich habe auch keine Probleme damit, in anderen Leuten Kunsthandwerker zu sehen. Sie sind alleweil besser in ihrer Kunst als ich. Oh, ich kann stricken, häkeln und nähen. Das sieht sogar gut aus. Aber. Eine Masche die Stunde, und die Zunge macht sich dabei selbstständig. Missus Bean. Ich hab innerhalb von 5 Minuten jedoch furchtbare Krämpfe in Händen und Rücken. Deswegen überlasse ich das gerne mit Handkuss anderen.
Also, Etsy. Es ist immer etwas schwierig für mich, da einzusteigen. Ich bin auch ein Snob. Im Sinne von: Kunsthandwerkermarkt? Okay. Kunst kommt von können, ich gehe davon aus, dass Du kannst. Das respektiere ich.Das erste, was mir entgegenflattert, ist immer ein selbst geschnitzten Etwas. Dieses Mal war es vermutlich eine Kuh. Darunter stand in etwa: PFERD STARKES TIER. Ich nenne das den Solitär-Moment. Der Moment, wo ich das Elend beende, um Solitär zu spielen. Kann ich den überwinden, dann hilft es oft, den Eingang über „Hüte“ oder „Accessoires“ oder „Taschen“ zu finden. Da hat es dann immer sehr witzige und auch schöne Modelle seiner oder ihrer Art. Es hat aber auch wirklich befremdliche Dinge. Wie zum Beispiel eine formal unspektakuläre Krokodilledertasche, was für sich schon unnötig ist, und ja, ich dachte auch, Krokoleder sei in Europa verboten. Geschmückt war das Krokotäschchen mit einem ausgestopften Babykrokodil. Das ist einfach nur noch bizarr. Im Zuge von „Vintage“ ist offenbar mehr möglich. Das Krokodil war ebenfalls „Vintage“. Glasperlen sind auch oft Vintage. Irgendwo las ich dann noch die Definition von Vintage. Das ist vor 2000! Stellt Euch vor!! Ich hab mich natürlich in dem Moment nicht nur Vintage, sonder ausgesprochen alt gefühlt. Mein sehnen drehte sich nicht mehr um Alpakasocken, sondern um Wollsocken. Nun wollte ich nur noch das Fenster schliessen, da fand ich, was ich mir mal kaufen wollte, endlich, nach langer Zeit: dieses abgefahrenen Handtäschen, aus Glitzerkrams, Strass und jede Menge Vintage. Wenn man dann in Gefahr gerät, tatsächlich sowas Hübschen kaufen zu wollen, hilft es, die Bewertungen zu lesen. Da stand dann tatsächlich: „Es sieht so teuer aus! Ich liebe es!“ Ich machte mir einen Tee mit Milch und Honig, und dachte, ich erzähl das Euch.