Oktober 14 2023

Shopping, eine Site namens Etsy und allerlei Kram

Mir ist langweilig. Draussen pfeift der Wind, der Regen peitscht von allen Seiten auf die Fenster. Die Heizung läuft auf Halbmast und ich habe kalte Füsse. Heute brauche ich etwas Buntes. Erst sehe ich mir, unter mehreren Bettdecken vergraben, verschiedenste online-Sites von Modehäusern an. Ich bin wild entschlossen, eines Tages den rauchigen Blick dieser Models zu lernen. Ich wäre, glaube ich, unendlich verwirrt, würde ich von irgendwem so angesehen werden. Oder ich würde den versteckten Alarmknopf drücken, in der Hoffnung, dass die Security dann auch rechtzeitig kommt und mich rettet, ehe es zu spät ist. Nichtsdesto trotz werde ich das eines Tages aus geschminkten, geschwärzten Waschbärinenaugen rauchige Blicke in einer polierten Bar verteilen und dabei mit sinnlich geöffneten Lippen…ja, was zu tun? Models streichen hier im Normalfall mit ihren Händen über sündhaft teure Beinkleider. Das finde ich jedoch albern. Das wäre mir dann doch zu peinlich. Ich stelle fest: mein Erfahrungshorizont ist hier wohl zu Ende. Ich beende die online-Streiftour durch südeuropäische Modehäuser und wechsle zu Etsy. Wer Etsy nicht kennt, sollte es sich unbedingt ansehen. Es ist, wie mir meine Nachbarin vor Jahren mal erklärt hat, der online-Handel der Kunsthandwerker. Sie sagte das ernst, ohne Gänsefüsschen um die Kunst. Ich habe auch keine Probleme damit, in anderen Leuten Kunsthandwerker zu sehen. Sie sind alleweil besser in ihrer Kunst als ich. Oh, ich kann stricken, häkeln und nähen. Das sieht sogar gut aus. Aber. Eine Masche die Stunde, und die Zunge macht sich dabei selbstständig. Missus Bean. Ich hab innerhalb von 5 Minuten jedoch furchtbare Krämpfe in Händen und Rücken. Deswegen überlasse ich das gerne mit Handkuss anderen.
Also, Etsy. Es ist immer etwas schwierig für mich, da einzusteigen. Ich bin auch ein Snob. Im Sinne von: Kunsthandwerkermarkt? Okay. Kunst kommt von können, ich gehe davon aus, dass Du kannst. Das respektiere ich.Das erste, was mir entgegenflattert, ist immer ein selbst geschnitzten Etwas. Dieses Mal war es vermutlich eine Kuh. Darunter stand in etwa: PFERD STARKES TIER. Ich nenne das den Solitär-Moment. Der Moment, wo ich das Elend beende, um Solitär zu spielen. Kann ich den überwinden, dann hilft es oft, den Eingang über „Hüte“ oder „Accessoires“ oder „Taschen“ zu finden. Da hat es dann immer sehr witzige und auch schöne Modelle seiner oder ihrer Art. Es hat aber auch wirklich befremdliche Dinge. Wie zum Beispiel eine formal unspektakuläre Krokodilledertasche, was für sich schon unnötig ist, und ja, ich dachte auch, Krokoleder sei in Europa verboten. Geschmückt war das Krokotäschchen mit einem ausgestopften Babykrokodil. Das ist einfach nur noch bizarr. Im Zuge von „Vintage“ ist offenbar mehr möglich. Das Krokodil war ebenfalls „Vintage“. Glasperlen sind auch oft Vintage. Irgendwo las ich dann noch die Definition von Vintage. Das ist vor 2000! Stellt Euch vor!! Ich hab mich natürlich in dem Moment nicht nur Vintage, sonder ausgesprochen alt gefühlt. Mein sehnen drehte sich nicht mehr um Alpakasocken, sondern um Wollsocken. Nun wollte ich nur noch das Fenster schliessen, da fand ich, was ich mir mal kaufen wollte, endlich, nach langer Zeit: dieses abgefahrenen Handtäschen, aus Glitzerkrams, Strass und jede Menge Vintage. Wenn man dann in Gefahr gerät, tatsächlich sowas Hübschen kaufen zu wollen, hilft es, die Bewertungen zu lesen. Da stand dann tatsächlich: „Es sieht so teuer aus! Ich liebe es!“ Ich machte mir einen Tee mit Milch und Honig, und dachte, ich erzähl das Euch.

Juli 26 2023

Das geht mich ja alles gar nichts an….

Hört frau in letzter Zeit öfters. Was denn? Queere Menschen gehen mich nichts an, höre ich immer wieder. Und das, meine lieben Mitmenschen, stimmt so nicht. Wie soll ich anfangen? Ich höre das oben gesagte immer wieder von meinen sozial engagierten Mitarbeiter*innen. Unsere von uns betreuten Geflüchteten sind männlichen Geschlechts, grösstenteils – das liegt aber eher daran, dass Mädchen in vielen Kulturen nicht so wahnsinnig viel wert sind und das Mädchen meistens schlechter oder gar nicht schwimmen können, und damit schon gar nicht erst in Europa ankommen. Wir haben sehr viele Jungs aus dem (geografisch) asiatischen Raum.

Ich schreibe hier von einem Jungen, der wie viele andere auch ankam, der sich orientierte, auch bei Gleichaltrigen, welche die selbe Sprache sprechen. Sie durchlaufen alle das selbe Procedere durch die deutsche Bürokratie. Die Jungs wirken etwas deplaziert, viele „Prinzen“ und möglicherweise „Stammhalter“ aus ihren Heimatländern, nette, begabte und kluge Söhne mit gelegentlichen Mackermomenten, geschickt von liebevollen, stolzen und besorgten Eltern. Und, was viele der Jungs auch sind: sie sind nicht heterosexuell. Überlegt Euch mal den Stress: einerseits glücklich die Taliban oder Boko Haram oder IS oder weiss der Geier was überlebt. Dann kommt man in einer äußerst freizügigen Gesellschaft an. Das ist super interessant. Und dann hat es da Jungs, nette Jungs, und es funkt. Doch wirklich kennen tut man ja nur die eigene Gesellschaft. Die eigene Gesellschaft verurteilt queere Lebensweisen. Und damit ist man selbst verurteilt. Dabei möchte man doch nur leben und glücklich sein.

Aber, verdammt noch eins: die Pubertät ist doch genau dazu da. Um Dinge auszuprobieren. Sich selbst entdecken. Sexualität ist ja nicht nur verdammenswert oder entdeckenswert, je nachdem, es ist vor allem auch ein wichtiger Teil der Identität.

Jetzt komme ich wieder zu dem Jungen zurück. Er hat es zugegeben. Er hatte sein Coming-out. Er hat einen Freund (von ausserhalb des Wohnheims, den er uns auch vorgestellt hat) und er lebt den Jungs eine wohl sehr glückliche homosexuelle Paarbeziehung vor. Etwa eine Woche lang hat es gekracht im Gebälk des Wohnheims, es gab (auch konstruktive) Diskussionen über das für und wider von nicht heterosexuellen Paarbeziehungen, intensive, lange Gänge in die Moschee und lange Gespräche mit dem Imam, aber auch lange Gespräche mit mir. Ich bin richtig stolz auf den Jungen, denn er hat eine wichtige Vorreiterrolle (die Ritzerei hat endlich aufgehört, zumindestens bei den Geflüchteten). Der Blitz hat nicht eingeschlagen, und dieser Junge ist auch nicht abartig oder irgendwie anders geworden. Er ist noch immer der selbe, nur gelöster und glücklicher. Nach all den Gesprächen, mit den Jungs alleine oder als Gruppe, sind sie zu der Einsicht gelangt, dass es wichtiger ist, dass sie als Gruppe zusammengehören – als junge Geflüchtete, als Muslime (Allah wird sich schon was dazu gedacht haben), aber vor allem als Gruppe, die nun versucht, sich zu integrieren. Kein Stress mit der Sexualität, und wenn sie für die Kartoffeln  wieder mal eine richtig scharfe Sauce wollen, bestellen sie bei Klinge Hardcoresauce. Ist ja nicht alles schlecht aus dem Herkunftsland 🙂

Es ist unsere Aufgabe, die queeren Menschen aus Gottesstaaten zu unterstützen, und Ihnen den wirklich guten Ansatz, der in den westlichen Demokratien gesetzlich vorgeschrieben ist, vorzuleben. Dann kann Integration auch gelingen. Von wegen, das geht mich ja alles gar nichts an….

Juli 22 2023

Das Moor im Juli

Ja, das Moor. Erinnert ihr Euch and die kleine Mini-Schlange? Das Kreuzötterchen? Sie ist gewachsen!!

Das Moor wirkt glücklich. Es ist bei oberflächlicher Betrachtung nur feuchte Wiese, die grünt und blüht. Die meisten Seen von dem wirklich vielen Regen sind weg. Die Tafeln mit den lehrreichen Texten wurden überwuchert. Jede Menge Viecher. Für ein Moor, das erst wieder renaturiert werden musste, ist das, glaube ich, eine Erfolgsstory.

Warum die Wanderer, Naturfotografen und sonstigen Besucher des Moors immer ihre Zigaretten wegschmeissen, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Nikotin ist ein starkes Bienengift.

Mai 13 2023

Was tun wenn der erste Brand durch ist? Glasieren und nochmals brennen lassen!

Man kann einiges behaupten, aber ich kann nicht sagen, dass meine Eltern Kunstbanausen sind.

Das hat einiges an Vorteilen und zwei Nachteile: ich beginne mal damit; ich hab einen sehr teuren Geschmack, und wenn ich mich selbst an „Kunst“ versuche, ist mein innerer Kritiker unbarmherzig. Warum tu ich das? Zum Ausgleich, einfach weil es Spass macht.

Mein Flirt mit Acrylfarben ist durch, ebenso mein Flirt mit dem E-Bass (den zu spielen einfach nur wegen des gebrochenen Handgelenks längerfristig wehgetan hat), zumal sich „La Peste“ 2 Tage (und vor allem zwei ausschlaggebende, schicksalshafte Nächte) nach der Gründung wegen bandinternen Männergeschichten hochdramtatisch wieder aufgelöst hatte. Ich würde ja noch gerne Tenorsaxophon ausprobieren, aber das scheint immer noch nicht in Sichtweite zu sein.Ich habe mich da mit einem jungen hoffnungsvollen angehenden Punkbassisten zusammengetan. Er bekam meinen Bass, und ich bekomme dafür ein (Tenor)sax seiner Wahl. Alles für kein Geld, denn das ist ja eher selten in der Szene. Irgendwie ist noch kein Opa gestorben, daher warte immer noch. Kein Problem, die Welt ist gross genug, sie hat viel zu bieten, also versuche ich es mit kneten von Ton, mit Kuchenteigstecher und Zeug. Zu meiner Überraschung gelingen mir zwei Vasen relativ gut, die Idee ist geklaut. Diese Vasen sehen einer Vase meiner Mutter relativ ähnlich; wir sahen sie kurz nach der Kreidezeit, in meiner Kindheit,  in einer Galerie. Die Vase meiner Mutter ist in der Raku-Technik gebrannt. Meine sind nicht so hoch wie die aus meiner Kindheit, dafür auch etwas breiter. Mit den Proportionen bin ich zufrieden, und sie haben, damit man es auch sieht, das das Vasen sein sollen, Tonrosen an der Sollbruchstelle. Die schlanke, höhere Vase bekam 1 Rose, die kleine, dickere Vase 3 Rosen.

 

Dazu hab ich eine „ländliche“ Vase gebastelt, die eher aussieht wie eine „abverreckter“ („misslungen“ für deutsche Leser) Milchkrug. Für den Blumenstrauss aus Löwenzahn und Lungenkraut. Sehr bodenständig, 4 Kilo, geschätzt.

Da man Ton nur in der 10 Kilo-Tüte kaufen kann, bin ich gefordert. Ich versuchte es noch mit 2 Übertöpfen, da habe ich den Ton  mit dem Nudelholz ausgewallt und (zeitlich hintereindander) über einen sehr luftleeren alten Ball meiner Tochter gestülpt und gewartet hab, bis das Ding „lederhart“ war. Mit etwas Gewalt oder Nachdruck hingestellt, wurde der Boden dann auch noch gerade.

Dann waren noch gefühlt weitere 5 Kilo Ton da. Meine zugegeben etwas peinliche Lösung war dann zwei ziemlich gleich aussehende Keramikseifenschalen (mit Zierschnecken) und eine Anzuchtschale für Bohnensprossen- oder Kressegedöns. Die Röschen auf der Anzuchtschale sehen aus, als sei Ihnen während dem Trocknen schlecht geworden. Naja, das nächste Mal setze ich die oben an, vielleicht sieht das dann besser aus. Ich bin noch Anfähngerin.

Das wollte ich so gleich aussehend, damit ich die Wirkung von verschiedenen Glasuren ausprobieren kann. Der restliche Ton wurde ebenfalls dieser Art ausgewallt, aber über eine umgestülpte grosse Pfanne gelegt. Als das alles lederhart war (das dauert ungefähr 3 Stunden, kann man aber auch mit einem Haarföhn beschleunigen) hab ich es mit Weihnachtskeksförmchen bearbeitet. Ich werde das orange Glasieren, dann kann Halloween kommen! Da drin haben viele Kerzen Platz. Leider sind mir da ein paar Dekorationen abgefallen, nachdem es getrocknet war, auf dem Weg zum brennen.

Update: Es hatte bei dem Hobbygeschäft, wo ich den Ton kaufe (ja, erneute 10 Kilo), auch Glasuren. Ich habe mir jetzt verschiedene Glasuren und auch sogenannte Engoben gekauft, damit kann man ungebrannten Ton bearbeiten. Mach ich auch noch, zeige ich Euch dann später. Diese Tonwaren hier, die sind nun gebrannt (und auch nicht mehr so wahnsinnig schwer). Dennoch vermute ich, dass das Lichtdings zu Boden fällt, ehe es nochmals glasiert werden kann…ich hab da ein ganz schlechtes Gefühl. ^^Der nächste Schritt ist schleifen und glasieren, wieder trocknen lassen, und dann zum brennen bringen.

Früher oder später werde ich mich um einen Ofen bemühen müssen, aber laut Internet ist eine gute Belüftung wirklich wichtig, da beim Brennprozess wohl auch toxische/kanzerogene Gase entstehen können. Das bedeutet, dass ich damit wohl noch warten muss, bis sich Wohnungsmässig bei uns etwas ändert.

April 30 2023

Im Moor

Hallo, Familienausflug im Moor…doch eigentlich wollte ich nur die Bilder sprechen lassen

Da hat es natürlich auch Bewohner. Die jüngste Bewohnerin war diese Kreuzotter

Die kleine war gerade mal doppelt so gross ein Teelöffel. Ich hoffe, die Greifvögel, die am Himmel kreisen, übersehen sie. Eine Piepskugel haben wir auch entdeckt, ich tippe auf Schafstelze. Noch nie gesehen, aber laut meinem heissgeliebten Vogelbestimmungsbuch passt zumindest der Ort zum brüten.

und noch etwas naher

Auf dem Nachhauseweg dann sahen wir noch einer Kröte beim Sonnenbad zu.

 

 

 

 

April 21 2023

Frühling in Norddeutschland *Rezept zum nachmachen*

Es gibt Dinge in Deutschland, die gibt es wohl einfach nicht. Dazu gehören Papet vaudois in der Tiefkühltruhe bei Aldi, der BBQ-Speck vom Migros, rezenten günstigen Käse (wobei, wo gibts denn das?) in einer entsprechend grossen Auswahl, Senffrüchte von Vanini (da sind sie der Sache jedoch mit Saucen auf der Spur) und, was den deutschen (Bäckern) ebenfalls fremd ist, sind so genannte Canapés. Im Gegensatz zu vorherigen Dingen sind Canapés vermutlich keine Kunst, selbst herzustellen. Im Prinzip sind es belegte Toastbrotscheiben, die ungetoastet sein müssen. Man buttert die Scheiben, und legt Eier oder Spargeln aus dem Glas, oder Schinken oder Salami oder, die ganz teuren, rohes Hackfleisch (nicht Zwiebelmett!!!) da drauf. Ihr müsst da auf Tartare achten, Beefsteak tartare geht auch, bitte nicht Schabefleisch. Ihr ahnt, es geht um etwas Exklusives. Wenn ihr den Toast bebuttert und belegt habt, dann kommt die Deko. Meistens Mayo, aber hübsch dekoriert, manchmal auch eine Kaper oder eine geschnittene Olive, sowie Petersilie oder bei Eiern, 1 oder 3 feine (!) Schnittlauchstreifen Und dann, dann kommt der Glibberüberzug. Der ist zwar nicht lecker, aber festigt das Gesamtwerk.

Canapés isst man am besten in einem Strassencafé, draussen, wenn die Sonne scheint. Man redet dazu am besten mit Freundinnen. Dazu passt immer ein Gläschen Traubensaft. Da man auch nicht satt ist nach einem oder zwei Stücken, passt dazu hervorragend auch noch ein Dessertchen und Kaffee. Wer deutsche Torten kennt, weiss, dass man spätestens nach der Sahneschichttorte nie mehr Hunger hat.

Nun, hier gibts Cafés und es gibt Sonne. Klinge kocht also ein deutsches Pendant, einfach herzustellen, lecker und passend zum draussensitzen. Ich empfehle dazu ein Rosinen-Kastenweissbrot, und dazu einen Eiersalat aus der Truhe mit, aufpassen, bereits integrierten Spargeln. Das gibts. Hätte ich auch nicht gedacht. Butter brauchts nicht, klatscht den Salat auf eine dicke Scheibe  Rosinen-Kastenweissbrot, und geniesst die Sonne. Wenn ihr drin seid, öffnet das Fenster und legt Euch in den Sonnenfleck.

Bon appétit!

April 15 2023

How Deep Is Your Love oder wo ist die nächste Sahnetorte?

Dies ist ein sehr vielschichtiger Text, daher mal eine mögliche Triggerwarnung. Es ist nicht beabsichtigt, aber es könnte die sanfteren Seelen an unangenehme Alltagssituation erinnern. Meine Eltern hatten sowas ähnliches, einfach beim „etwas besseren“ IKEA-Vorratsregal-zusammensetzen.

Es begann mit unserer Nachbarin, die sich darüber beklagte, dass unsere Stühle quitschen. Wir gelobten Besserung, und kauften diese selbstklebenden Filzpantoffeln für Stühle und Tische. Damit das auch wirklich hält, und weil es Frühling ist, und weil es sowieso wieder mal nach ist, und weil man ja auch älter wird und es vermutlich dadurch manchmal auch gerne sauber hat, wurde das Bekleben der Corpora delicti verbunden mit einem Hausputz. Geplant war das Generalstabsmäßig: Ich putze die Küche, komplett mit feucht aufnehmen, nachdem der Göttergatte dieselbe gestaubsaugt hat. Er zieht dann mit dem Staubsauger weiter, und putzt dann Bad und Schlafzimmer. So die Theorie.

Ich begann mit der Küche, nachdem mein Allerbester mit ihr fertig war. Er kämpfte heroisch gegen den Staubsauger an, der in einer früheren Putzorgie wohl Papier gefressen hatte. So brach er also, kurz nachdem er begonnen hatte, zu staubsaugen, fluchend auf der Badewanne zusammen und kämpfte gegen den Drachen im Rohr des Saugers. Dabei wurde er immer wütender und benutzte zur Möglichen Reinigung des Rohrs mehrere Instrumente: chinesische Essstäbchen, nicht benutzte X-Kreuze von Ikea-Gestellen, allerlei Gerätschaften mit für mich  unklarem Nutzen zum höheren Ziel des Entstaubens der Wohnung. Ich war mittlererweile mit der Küche fertig (komplett mit Kleben), und hatte irgendwie keine Lust, im Bad weiterzuputzen, solange da hektisch geflickt und geflucht wurde. Es endete damit, dass mein Gatte mich anklagend anblickte, und meinte, dass man damit, dabei hielt er das Staubsaugerrohr-Vorderteil anklagend hoch, garantiert nicht mehr saugen kann. Ich dachte an meine Mutter, und wie sie jetzt eine Schwarzwälder-Kirschtorte beim Bäcker holen müsste. Unser Bäcker hat leider seit 12 Uhr geschlossen.

Verrückterweise interessiert putzen weder mich noch Göttergatte. Mein Vorschlag, doch einmal die Woche eine Fachkraft für Reinigung kommen zu lassen, ist immer der mögliche Zeitpunkt für eine mittlere Ehekrise. Kommt nicht in die Tüte. Er entwirft ärgerlich einen Putzplan für uns, damit das auch nicht wieder entgleist mit dem Staub.

Natürlich sehe ich das nicht so buddhaartig tiefenentspannt, sondern denke mir dann böse Dinge, aber weil Streit immer so anstrengend werden kann, spreche sie nicht aus. Dennoch:

Was mich wirklich interessieren würde, ist dies: Diese „technische“ Ausrasten, dass man(n) mitten beim Putzen ein vermeintlich kaputtes Ding totflicken muss, ist das bei allen (sex und gender) Paaren so? Dann wäre das ein relativ neu erlerntes (und damit eher änderbares, weil bescheuertes) Rollenverhalten. Oder ist das ein Rollenverhalten, das männlich Sozialisierte erlernt haben? Nicht putzen, sondern flicken muss der Mann? Was auch komplett bescheuert ist, weil es ein unemanzipiertes Rollenbild bedient. Oder geht das nur in Männerhaushalten so zu und her? Einer putzt und einer flickt?

Ich wünsche mir jetzt eine Torte.

 

 

 

April 9 2023

Auf gute Nachbarschaft!

Ja, ich muss mal kurz etwas abkotzen. Vor einem guten halben Jahr zog sie mitsamt ihrem noch sehr kurzen Lütte ein. Die frisch getrennt oder geschiedenen neue Nachbarin. Wir haben sie begrüsst, und ja, von da an freundlich Distanz gehalten. Einmal habe ich Sie kurz gefragt, ob sie uns hört, oder ob unser Verhalten so mehr oder weniger okay sei? Die Vormieter seien halt nicht so amused gewesen, weil ihr Lütte unter unserer Küche geschlafen hatte. Sie bat uns etwas verlegen, abends die Geschirrwaschmaschine nicht zu starten, denn um 7 muss ihr Lütte ins Bett, und dann würde die Maschine so gurgeln. Aber dann sei ja auch ruhig und so, alles Bestens. Ich versprach, etwas auf die Zeiten zu achten. Umgekehrt bin ich ja bezüglich Lärm und Krach ja eigentlich Berlin-geprüft, es dauert bei mir immer etwas, bis mich etwas zu stören beginnt.

Gestern also, stand sie, wie im billigsten MILF-Porno vor mir, sie hat sicherheitshalber unten geläutet. Und dann stand sie da auf 3/4 Höhe, ein seitliches Fragezeichen, mit zur Schnute gezogenem Schmollmund, kaugummikauend. Ihr zu tiefer Ausschnitt, der entrüstet fibrierte, die billige Dauerwelle, der kurze Mini, die grauen Crogs, das Gesamtpaket Erotik für den Haus- und Hofgebrauch, mit dem knalligen roten Ausverkauf-Lippenstift von Rossmann oder dm. Ob wir wohl endlich (hier der genervte Augenaufschlag) Filzunterlagen an unsere Stühle tun würden, der Lütte hört unsere Stühle, und „immer um 19:00 Uhr geht das los in der Küche!!!“ Ich: „Wir sind dann endlich zu Hause und kochen…!“ „HAH, jaaaaaaaa, aber das hört man so guuut!“ dazu geht sie zwei Tritte die Treppe runter, sie rechnet wohl mit einem Angriff. Dabei immer diese genervte Mimik, die eigentlich bei jedem der bereits über 15 ist, lächerlich wirkt. „Es sei nicht böse gemeint, einfach nur eine Bitte!“ wiederholt sie mehrfach, ich sehe wohl ärgerlich aus, am Ostersamstag beim Frühstück unterbrochen zu werden, wegen meinen Stühlen, die auf dem Küchenboden quitschen.

Ich verspreche, vermutlich kochend und zischend wie eine überhitzte Dampflok, dass ich meinen Stühlen Filzpantöffelchen zulegen werde, „ist halt ein bisschen doof, jetzt kann ich nicht mehr einkaufen gehen bis Dienstag, die Läden sind zu, das ist hoffentlich klar?“ meinerseits konnte ich mir nicht verkneifen. Sie meint, das sei in Ordnung, kein Ding, kein Problem, dankedankedanke, nicht bös gemeintetceteraetcetera. Ich denke meinerseits an all die durchwachten Nächte, bei denen wir als Paar gemeinsam die vorgetäuschten nachbarlichen Orgasmen mitgelitten und mitkommentiert hatten. Ihre Tanzorgien, wenn Lütte bei Papi ist, und ihre Dates vorbeikommen. Aber ich hielt den Mund, denn ich bin ja höflich.

Heute hört sie ziemlich laut Musik. Ich bin mir nun nicht sicher, ob das Musik ist oder eine Nähmaschine. Auf alle Fälle nervt es, und ich weiss jetzt wirklich nicht, ob ich meinerseits augenrollend vor fremden Haustüren rumstreunen soll.

März 27 2023

Der Kurzurlaub (mit Fotos)am Blausee

Seit ich klein bin, schwöre ich mir, eines Tages wirst Du hier übernachten. Der Blausee ist genau das, was man sich wünscht zu sehen, wenn man einmal zu oft „Heidi“ gesehen hat. Hier ist der See voller Forellen, die auch noch beissen, wenn man die Kälte des Wassers (eisig) überprüft. Was man nicht so genau weiss, ist, das es hier noch Wellness und Spa gibt. Behaltet das mal im Hinterkopf.

Wenn man eintrifft, wird man superfreundlich begrüsst, und der Schlüssel zum Spa-Bereich wird überreicht. Fussschlappen und Morgenmantel sind inbegriffen, ebenso die Sauna, das Saunarium (das, je mehr Wasser man zugiesst, immer heisser wird) und die Dampfgrotte. Der Ruheraum hatte ne wunderschöne Aussicht, wie ihr Euch denken könnt. Aber das beste, das dieses Hotel bietet, ist das Jacuzzi, draussen. Pisswarm, so viel Chlor, das es bereits Blasen wirft. Verborgen zwischen ein paar jungen Tannen und einer Bretterwand, draussen, nachdem frau den Ruheraum durchquert und ein paar Steinstufen erklommen hat.

Liegt man mit träge geschlossenen Augen da, sieht man tagsüber sowas. Nachts sieht man Orion mitsamt Schwert, auf der rechten Seite. Was geraudeaus blinkt, weiss ich nicht. Wenn man das nicht sehen will, kann man beim Jacuzzi die blauen Lichter einschalten…..Ich liebe Luxus bisweilen.