März 27 2023

Die Geschichte des Kreislaufs von Haschisch oder einfach nur: Entsetzen!

Ich schwöre, alles wahr! Mensch kann sich das gar nicht ausdenken. Dafür reicht meine Phantasie nicht aus. Ich muss anonymsieren, um meinem Arbeitsvertrag gerecht zu werden. Daher werde ich die Jugendlichen mit A, B, C etcetera in der Reihenfolge ihres Auftretens bezeichnen, um den Interessierten das Lesen zu erleichtern.
A durfte über das Wochenende bei seinen Pflegeeltern sein. Das machte mich froh und glücklich, denn A hat keinen guten Einfluss auf andere Jugendliche, hier B, C, und D. Meine Fachmeinung zu A ist: ich halte A für extremst idiotisch. A hält sich selbst für einen supa gefährlichen Gangsta. Mein Chef hält A für ein Pubertier. In As Abwesenheit schrie sein Wecker um Aufmerksamkeit. Ich war mit meinem neuen Kollegen auf dem Gang und dachte, um die Nerven der anderen Jugendlichen zu schonen, schalte ich den Wecker aus, auch wenn A noch bei seinen Eltern ist. Mir ist die Privatsphäre der Kiddies heilig, und ich hatte einen Kollegen dabei, der schlimmstenfalls bezeugen kann, dass ich bloss den Wecker ausgeschaltet hab. Ich öffnete die Tür. A hatte innerhalb seines Zimmers die Tür zum Klo offengelassen, so dass man die zugekackte Schüssel, die kaputte Wartungskachel der Dusche mitsamt der ungeschickt versteckten Packung getrockneter Kräuter in der Dusche sehen konnte. Ich schaltete den Wecker aus und fotografierte die defekte Dusche. Mein Kollege hat gespült, eine heroische Tat, für die ich äusserst dankbar bin, und zu der ich in dem im Moment nicht fähig war. Mein Chef hat dann die Fotos gesehen, und hat eine „Ansage“ geplant, auch in Anwesenheit des alten Herrn von A. A hat mehrere eher teure Hobbies, und ist sich ein Lebensstandart gewohnt, der ein Jugendamt nun einfach nicht bieten kann. Ausserdem ist er ja auch ein „Gangsta“, und damit schon sehr gefährlich, nicht zu vergessen. Es deutete alles auf Verkauf von Cannabis hin. Nur – es roch eindeutig nach Oregano. Nebst den Exkrementen in der Schüssel, die auch schon mehrere Tag vor sich hinmüffelten, war die Oreganonote eindeutig. Auch fanden wir Haare, die als mögliche Zutat für die mögliche morphologische Strukturen von den nachzubildenden halluzinogenen Naturprodukten hinwiesen. Es war unglaubliche widerlich.

A trifft mit Vater und Oma ein. Der Vater schämt sich, Oma putzt weg. A verschwindet zwischenzeitlich.

Meine Theorie war, dass er aus der (gewässerten) Scheisse, Oregano und Haaren „potentes“ Gras knetet und verkauft. Mein Chef war unnachgiebig: An welchen Deppen er dann verkaufen will? Kleine Kinder, die auch mal Zigaretten kaufen wollen? Neinnein, kann nicht sein. So blöd ist niemand. Mein anderer Kollege, der unsere Kiddies schon länger kennt, meint, dass so ne Qualitätsprüfung üblicherweise auf der Strasse nicht stattfindet. Und ja, kann schon sein, dass er genau das tut. An dieser Stelle tritt B und und E auf. E wird gerade bedroht, B will unbedingt mit E „an die frische Luft“. Das heisst in diesem Fall: Sie wollen sich irgendwelche legalen oder illegalen Drogen kaufen. B ist Cannabiskunde, gerne, viel, ja. E hat zuviel Schiss und steht unter Druck. B rennt raus, trifft den Dealer. Ich kann nichts tun, und kanns auch nicht ändern. 

Dass A der Dealer ist, sehe ich erst, als A mit B zusammen eintrifft. A strahlt zufrieden, B grinst in sich hinein. Die doofen Betreuer ausgetrickst, wieder mal.

Warum meine Theorie stimmt? Das Scheisscannabis (die Wortwahl drängte sich mir auf, Verzeihung) hat nicht gewirkt.

Februar 20 2023

Warum?

Der Titel ist etwas irreführend. Meine Tochter und ich betrachteten heute nachmittag Bilder aus der Reihe Bastei Galerie der grossen Maler. Für 4 DM der Band, herausgegeben 1964. Unter anderem habe ich da Bilder von Segantini, aber auch Menzel. Das alles liegt bei mir, weil der Postbote aus der Schweiz die nicht mehr haben wollte, aber wegwerfen wollte er sie auch nicht, die waren nämlich noch von seiner Mutter selig! Und bei mir wusste er, ich würde diese Bändchen nehmen, sie aber nicht schänden. Wenn der Arme wüsste!

Meine Tochter brauchte in ihrer Studi-WG Bilder, und die schienen ihr ideal zu sein. Also fragte sie mich, ob sie die mitnehmen kann und aufhängen. Die Bindung geht kaputt, ja, aber eigentlich sind diese Heftchen doch gemacht, um sie aufzuhängen, oder nicht? Also bejahte ich. Und ich wurde überrascht. Denn die Bilder, die mir nicht sonderlich gefallen, weil sie mir zu braun sind, die gefallen ihr. Und die Bilder, die mir gefallen, oder die mich inspirieren, mit denen kann sie nichts anfangen.

So das Bild der Göttin der Liebe von Segantini. Sie fragte mich, warum? sie so da hängt. Hier meine Antwort, Tochter, meine Geschichte an Dich:

WARUM?

„Ach Honey, warum mussten wir unsere Hochzeitsreise in die Alpen reisen? Diese beschwerliche Fahrt auf diesen felsigen Wegen. Die Sutherlands sind mit dem Zug, stell Dir vor! Bis nach Bengalen gefahren. Sie hatten einen eigenen Waggon, und obwohl Lady Sutherland unpässlich war, konnte man doch einen gewissen Komfort und Standard halten! Ein Minimum an Personal war je-der-zeit gewährleistet! Der eigene Koch war immer dabei. Und Honey, guck dir diese Landschaft an. Steine, Kühe und Bäume, in verschiedenen Kombinationen. Ich verstehe wirklich nicht, warum alle in die Alpen fahren!“

„Aber Darling, ich muss doch auch etwas an meine Stellung in Kings College denken! Es soll hier ein Künstler geben, der sehr engagiert malt. Nicht nur Kühe, wenn auch welche in seinen Gemälden auftauchen sollten, wie ich einräumen muss. Doch seine Gemälde strahlen nur von Sonnenlicht, Du wirst sehen, Darling, und ich bin sicher, sie werden dir gefallen. Ausserdem konnten wir so 5 Wochen länger gemeinsame Zeit buchen, der Sommer soll sehr schön sein in den Alpen. Du hast nun mal unter Deinem Stand geheiratet, ich dachte, das sei dir klar! Übrigens, sie mal, dieses Hotel da vorne, ganz nach den neuesten Komfort gebaut und eingerichtet, sollte auch den Standards der britischen Kronfolger genügen.“

„Nun, ja, ich mache Abstriche, Honey, aber du weisst ja, von meinem Geblüt sind die Nachkommen dünn gesäht und haben oft Überbiss, die Armen. Wenigstens den habe ich mir mit dieser Hochzeit erspart. Oh, Honey, die Kutsche wird langsamer, wir scheinen tatsächlich anzukommen! Ach, ich muss nach etwas Kölnisch Wasser verlangen, um mich frischzumachen! Warum betonst Du so Deine Stellung im Kings College? Werden wir noch etwas Kunst zu sehen bekommen? Oh, wie ich die alten Meister liebe. Du weisst, wie ich sie liebe!“

Die Kutsche ruckelte etwas langsamer, und die Pferde kamen zum stehen. Der Master lehnte sein Gesicht nach draussen und gab Anweisungen: „Bitte fahren sie direkt vor den Eingang, Mylady ist erschöpft! Wir haben nicht vor, nach dieser grauenhaften Reise auch noch zu wandern!“ Der Kutscher, ein grober Mann, geboren auf der Scholle des Landes, spuckte auf den Boden und rief etwas sehr kehliges, worauf die Kutsche nochmals zu ruckeln begann. Nach wenigen Metern stand sie abermals, und kleine Jungen in dunkelroten Uniformen mit goldenen Borten und Initialen des Hotels entluden die mit Koffern und Hutschachteln beladene Kutsche.

Der Mann betrachtete seine junge Frau, und lächelte: „Eine Überraschung, meine Liebe. Dieses Hotel hat keine Kosten und Mühen gescheut, und Stuckdecken in der Haupthalle einbringen lassen, so wie in den französischen Schlössern, und die Hoteldecke, da ist eine wunderschön leuchtende Göttin der Liebe angebracht worden. Du wirst begeistert sein! Ich werde in meiner Funktion als Kunstdozent des Kings College einerseits eine Stellungsnahme über den Wert des Gemäldes, das ich noch nicht kenne, abgeben, und andererseits mich informieren und den britischen Kunst- und Kulturwissenschaftlern eine neue Sicht über die Kunst des Kontinents überbringen. Ich freue mich unglaublich auf das Gemälde. Es ist noch nicht lange angebracht, und es soll absolut überwältigend sein! Oh, ich bin absolut aufgeregt!“

„Nein, Honey, du willst arbeiten? Nur weil du eine Stellung an einer königlichen Schule innehast, bedeutet das noch lange nicht, dass du auch arbeiten musst, Honey, war dir das nicht klar, als dir Onkel Albert die Stellung zutrug? Und Stuckatur im Stile der franzöisischen Schlösser, weisst Du, ich mag keine Lilien, Honey, und französische Schlösser sind so….frivol, findest Du nicht auch? Überall hat es Seidentapeten und Satinsofas, wo weiss der Herr alles passieren kann. Aber keine anständigen Kamine, um die herum auch mal ein richtiges fröhliches Fest gefeiert werden kann. Aber nun denn, Du bist die Verpflichtung eingegangen, wie ein richtiger Ehrenmann, dann sehen wir uns diese Liebesgöttin an. Aber in Zukunft machen wir im Urlaub auch Ferien, ja, Honey?!“

Der Kies knirschte unter ihren Schritten, und als der Portier die Türe öffnete und die beiden einliess, prallte die Lady gegen ihren Gatten, der abrupt stehenblieb und die Decke anstarrte.

„Honey, was hast Du was ist denn das??!

Vom Empfang kam ein Mann, der sich die Hände rieb und ihnen entgegeneilte:

„Lord und Lady Chatterley? Willkommen im Hotel des Alpes! Wie ich sehe, ist der Lord Chatterley ein Mann von Kunstverständnis! Ein bekannter hiesiger Maler hat uns eine wunderbare Liebesgöttin geschenkt. Wie war die Reise?“

Lady Chatterley richtete sich auf, ihre Nüstern bebten vor Entrüstung.

„Nun, denn! Meine Familie errichtete das britische Empire. Wir bekämpften die Hottentotten, und wir erfanden die Dampfmaschine, wir finanzierten grosse und kleine Geniestreiche. Wir eroberten Weltreiche! Wir hinterliessen unsere Fussstapfen in der Geschichte. Und sie erlauben sich, dieses laszive, blasse Wesen mit lachhaft vielen Haaren und lachhaft heller Haut als eine Göttin der Liebe zu bezeichnen, nur weil sie lachhaft dünnen roten Stoff um die Hüfte und um die Schenkel trägt? Ich dachte, bei einem Hotel dieser Preisklasse wäre etwas mehr Stoff um die Hüften schicklicher, mein Herr! Aber die Reise war schrecklich, und ich sehe, sie ist an Schrecklichem nicht mehr zu überbieten! Wir sind ganz offensichtlich angekommen! Darling, lass uns gehen! Darling?“

„Honey, ich bitte Dich. Es handelt sich um eine wunderbare Darstellung! Die weisse Haut symbolisiert doch nur die Reinheit! Auch göttliche Liebe ist Liebe, aber sie ist rein! Nichts was nicht auch ein Michelangelo zeigen würde, wird gesehen. Das Haar, die Schaumkronen auf den Wellen, all das zeigt ein Füllhorn an Möglichkeiten. Ihr Blick ist verträumt, nach innen gerichtet, vielleicht denkt sie an ihren Liebsten. Ein wunderbares Gemälde.“

„Wilforth, ich kann mir denken, was dir daran gefällt! Aber einer Frau, und einer Frau von Adel noch weniger, kann dieses Bild nicht gefallen! Es ist vulgär. Vermutlich spricht es deswegen zu Dir! Deine Familie ist auch vulgär!!“

„Honey, sie ist schön. Sie hat schöne Haare, weisse Haut, und weiche, runde Brüste. Sie ist auch mal ruhig, und, das Beste dran, sie hat keinen Überbiss!“

 

 

Februar 19 2023

Dada ad absurdum oder Logiken, die ermöglichen, dass Energien sich sträuben

Naja, so schlimm war es nicht. Kennst Du das? Du erfährst gerade was „bahnbrechend“ Neues, eine Erkenntnis, die youtube oder sonst so ein Kanal extra für Dich aus dem Netz gerülpst hat, zu Deinem Besten wurde es nochmals durch einen Teenager gespült, der Dir die Zusammenhänge sorgfältig erklärt, weil ich bin mit meinen fünfzig Jahren ja auch kurz vor der Demenz, und damit froh, wenn mir geholfen wird, beim Zusammenhänge verstehen. Meine Teenies, mit denen ich mich zu Arbeitszeiten umgebe, sind teilweise sogenannte „Schulverweigerer“. Das heisst nicht gezwungenermassen, dass sie dumm sein müssen. Die klügeren Exemplare beginnen sich zuhause zu langweilen. Sie beginnen zu surfen. Und damit sind sie gefundenes Fressen für die gruslige Welt von Verschwörungstheoretikern, die dann auch noch dazu tendieren, rechtsextrem zu sein. Gespräche mit solchen Inhalten beginnen immer gleich:  „Es könnte doch sein, dass….“. Mein Antwort ist immer etwas enttäuschend…“Nein, das kann nicht sein.“ Oder „Gibt es nicht Energien, die….“ – „Nee, es gibt nur eine Energie. Das ist eine Zahl, eine Einheit, die gemessen wird in Kalorie oder Joule. Es wird eine Kalorie oder 4 Joule benötigt, um einen Liter Wasser um einen Grad Celsius zu erwärmen.“ Wenn ich diese verschwörungstheoretischen Grundlagen für viel Angst und zukünftiger Glaube an flache Erden abgeschmettert habe, kommt dann noch die Logik dran…Solche Sätze beginnen dann oft mit: „Es ist nicht logisch, dass…“ oder „Es gibt verschiedene Logiken, die…“ Meine fade, unglamouröse Antwort ist dann: Logik ist ein Teilgebiet der Wissenschaft, und genau umrissen. Du kannst nicht irgendwelche diffuse Logiken benutzen.“ Heute war die Frage, ob mein Physiker und Göttergatte schon Forschungen oder Entdeckungen gemacht hatte, die irgendwie versteckt oder verboten wurden. Meine Antwort hat den Peak der Langeweile erreicht, in dem ich ihr sagte, dass die Forschung durch die öffentliche Hand bezahlt wird, und dadurch der Öffentlichkeit gehört. Dementsprechend kann man das alles lesen, wenn man das auch möchte.

Dennoch hat unser pseudowissenschaftlicher Diskurs heute einen neuen Tiefpunkt erreicht. Sie fragte mich, was ich für ein Sternzeichen bin. Meine Antwort wurde nicht gross beantwortet. Was mich dann neugierig machte, schliesslich ist die obligate Antwort zu Sternzeichen immer, ob man selbst irgendwie mit dieser Person harmonieren kann oder nicht.  Ich hakte nach. Sie druckste rum, es gäbe so eine Weiterentwicklung des Horoskops, das angepasst sei, an die richtige Zeit. Ich war neugierig, da sie ein Foto in dem Handy hatte. Es war eine schwarze Sonne, in die Tierkreiszeichen eingemalt waren. Ich brummelte ein „Hmmm, interessant, und was ist das denn so? Kennst Du dieses Symbol?“ Sie sah mich verblüfft an, und meinte, nein, bis vor kurzem kannte ich das nicht. Was das denn sei? „Nazikackscheiss, und ich möchte sowas hier eigentlich nicht haben. Finde ich aber interessant, das die Nazis die schwarze Sonne so versuchen zu legitimieren.“ Sie war schockiert, und googelte. Wurde auch fündig. Es wurde dann eine kurze Geschichtsstunde zu schwarzer Sonne, Wewelsburg, Nazikackgrössen und ihre Rolle im Krieg. Sie schmiss das Horoskop weg, so hoffe ich wenigstens.

 

Februar 8 2023

Etwas Fluffiges #1, Zugfahren in Schleswig-Holstein

Wenn man sich in Städten in Schleswig-Holstein aufhält, fällt einem (als Zugfahrer)visuell nichts besonderes auf. Kiel und Flensburg haben nichts, von dem man sagen würde, wenn man aus dem Zug steigt – wOOOOOOOOW! guck Dir DAS an. Aber, Kiel und Flensburg klingen anders als Berlin oder Hamburg. Sie haben Schiffe, die sehr tief tuten, und sie haben Möwen, die Schreien, und sie haben Krähen. Man könnte jetzt behaupten, dass es in Hamburg sicher auch Schiffe hat, die sehr tief tuten. Ja, stimmt, aber die höre ich nicht im Hauptbahnhof oder in Altona. Kiel und Flensburg klingen nach Kiel oder Flensburg. Das ist mir bis jetzt noch nie bei einer Stadt aufgefallen, und ich muss noch rausfinden, was es nach Kiel oder Flensburg klingen macht. Es gibt tatsächlich auch noch eine Gewichtung, die „Kiel“ oder „Flensburg“ ausmacht. Ob man das über das Gehör oder über andere Sinne wahrnimmt, weiss ich auch noch nicht genau, versuche ich aber noch rauszubekommen. Jetzt habe ich mich etwas verloren…tut mir leid.

Wie auch immer, wenn man in den Zug steigt, in Kiel, da gibt es sogar Werbung auf dem Gleis 6a, da fährt man unweigerlich an die Ostsee, und die Ostseebäder machen auf dem Gleis, und nicht etwa auf der Wand daneben, Werbung. Das fand ich bemerkenswert. Kiel weiss, wie man Touristenströme erfolgreich umleiten kann…gut, ich steige also in den Zug nach Eckernförde. Nicht, weil ich das will und weil ich Tourist bin, sondern weil, ihr ahnt es sicher, irgendetwas umgebaut wird, oder zusammengebrochen, weil eingerissen. Reisen mit der Deutschen Bahn. Vielleicht ist auch eine Brücke hinüber. Man will es gar nicht so genau wissen. Und wenn ich nach Husum (Westküste) fahren will, mache ich doch gerne einen Umweg über Eckernförde (Ostküste, aber immerhin doch schon ungefähr selber Breitengrad wie Husum).

Wir fahren los, mit der Regionalbahn. Kiels Norden ist hässlich. Tut mir leid, das zu schreiben, aber mir kommt sonst nichts passendes in den Sinn, ich lasse mich jedoch gerne vom Gegenteil überzeugen. Die Kiel-XY-Haltestellen haben keinen erkennbaren Dorf-/Viertel-/Kiezkern, sondern sind einfach nur unverschleiert ärmlich. Oder, wie die Trashautorin und Ex-Kollegin vermutlich schreiben würde, wurde grobmotorisch industrialisiert. Irgendwann kommt der Nord-Ostseekanal. Es folgt für das erschöpfte, geschundene Auge ein liebliches, sehr ländliches Dorf, wo unser Zug jedoch nicht hält, und dann folgt ein weiteres Dorf, wo der Zug dann doch noch stehenbleibt. Es steigen wenig Leute ein, und einige aus. Wir fahren weiter, und es folgt dann irgendwann Eckernförde. Da muss ich auf den Bus, weil wegen meiner Umleitung. Mich überrascht Eckernförde, es wirkt auf mich wie ein schottisches Fischerdorf – die strohgedecketen Bauernhäuser mussten zugunsten steinverkrusteten, trutzigen Fassaden, die dem Meer trotzen, ojah, das tun sie! weichen. Ich räume ein, dass es geregnet hat, aus allen Löchern, und es vermutlich auch ich Eckernförde strohgedeckte Häuser hat. Dennoch war das eine sehr starke Aura, wenn man das so schreiben kann, die ich wahrgenommen habe, während ich in den wartenden Ersatzbus gerannt bin.

Der längste Abschnitt meiner Zugreise ist bezeichnenderweise mit dem Ersatzbus, über die sanften Hügel der Gegend um die Ostsee.

Wir erreichen rechtzeitig den Anschlusszug in Schleswig. Krass, nicht wahr?

 

 

Februar 7 2023

Jugendarbeit, Heimkinder und die Liebe

Ich arbeite in einem Haus, das sich für den Jugendschutz einsetzt. Was heisst das? Ich habe UMFs, und § 41a, 42 SGB VIII. Löst das bei Euch ein allgemeines Gefühl von HÄH? aus? Ging mir auch so. Das heisst, das wir uns um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (die so toll abekürzt sind) und uns um Inobhutnahmen von Jugendämtern kümmern. Ich dachte, die Geflüchteten würden mehr Probleme haben – Flucht, Misshandlungen aller Art, Kriegserlebnisse. Aber das ist nicht so. Die einen haben ihre Religion, die anderen haben ein Ziel: Wenn sie schon wegmussten, weil das die Mutti so wollte, als sie von der Schule nach Hause kamen, dann wollen sie auch alles richtig machen: Schule, Karriere, Ehrgeiz und Arbeit. Ich habe von diesen Zeugnissen, die diese Kinder mit nach Hause bringen, einfach nur geträumt.

Ich will über die europäischen Kiddies schreiben. Allesamt hatten in ihrem Lebenslauf eine „Bodenwelle“, die sie vom Kurs brachten. Verrückterweise, um jetzt die Metapher weiterzuverwenden, sind diese Bodenwellen nie selbstverschuldet.

So ist jedes unserer Kinder entweder Opfer von politischen Fehlentscheidungen oder aber, Opfer der eigenen biologischen Eltern. Die wenigsten haben Kontakt zu den biologischen Eltern, da das Jugendamt diesen Kontakt verboten hat, da die biologischen Eltern nicht fähig (das hat jetzt nichts mit Finanzierung zu tun) oder willens sind, für die Kinder zu sorgen. So sind sie bei Zieheltern grossgeworden, „bis es nicht mehr ging“. Dann ging der Tanz um passende Heim los. Aktuell sind wir für die meisten unserer Kinder das passende Heim.

Mein Feind Nummer 1 sind Drogen, allen voran der Alkohol. Aber auch andere Drogen, und den Kampf um die Zigaretten habe ich verloren. Ich würde ihnen gerne die Liebe und Wärme geben, die sie brauchen, aber das kann ich nicht. Da würde ich meine Distanz verlieren. Das geht allen Betreuern so, und deshalb hat jeder seine „Favoriten“, für die sie zuständig sind. Da sind sie die Betreuer. Für diese Kinder rennt man einen Ticken weiter als man muss. Dadurch ist die Liebe etwas legitimer.

Der Alkohol und die Drogen geben die benötigte Wärme. Das kostet aber eine Menge. Also verkauft man etwas, um genügend Geld zu haben. Bestenfalls verkauft man Dinge, die einem nicht gehören, wird erwischt und kommt für ein paar Tage ins Gefängnis, um da zu bemerken, dass es gar nicht so toll ist da, und dass man das in Zukunft doch anders machen möchte, auch wenn es schwierig ist, der Weg da hin. Das ist der beste Fall. Der schlechteste Fall ist, dass man den Krempel, den man klaut, auch behält, die Sozialstunden leistet, und den Körper verkauft. Das gibt auch die nötige Motivation, sich komplett zuzudröhnen. Irgendwann kommt man dann von einer „Party“ frühmorgens zurück, komplett seltsam und breit und betrunken, und weiss nichts mehr von der Party. Es stellt sich heraus, dass am Knöchel Einstichstellen sind. Da ich weiss, dass diese Person Heroin nicht (mehr) anrührt, weil ihr als Kind mal richtig übel davon wurde, kann ich nur vermuten, was da lief. Da wir unsere Kiddies nicht einsperren dürfen, weil wir kein Gefängnis sind, hoffen wir jeden Abend erneut, dass unsere Kiddies die Nacht überleben, und nichts allzu wertvolles Klauen, so dass sie bei einem netten Richter mit ein paar Sozialstunden davonkommen.

Doch was, wenn diese Kinder Liebe erfahren hätten? Ich bin überzeugt, dann hätten wir diese „wärmende“ Drogenproblematik nicht.

Langer Rede, kurzer Sinn:

Liebt Eure Blagen, auch wenn sie Euch jetzt gerade komplett nerven. Irgendwann kommt das zurück. Säuft nicht, kifft nicht, nehmt keine Drogen, wenn ihr schwanger seid, Eure Embryonen und Föten haben keine Leber, die können das nicht verarbeiten, und Alkohol ist ein Nervengift, will heissen, das zukünftige Gehirn nimmt sehr viel Schaden. Überlegt Euch, wenn ihr ein Kind adoptiert, oder in Pflege nehmt, ob ihr den zukünftigen beziehungstraumatisierten Teenager auch wirklich lieben könnt, mit Eurem ganzen Herzen, oder ob ihr ihn „abschiebt“ in ein Heim, „weil es einfach nicht mehr geht“.

 

 

Dezember 1 2022

Der Baum

Es ist wieder soweit. Weihnachten wirft seine langen Schatten voraus. Der Tag, an dem folgendes mehr oder weniger passierte (ich fabuliere manchmal was weg oder dazu), ist noch im November. Meine Tage auf Arbeit sind nicht sonderlich stressig, wir räumen um, auf und weg, daher habe ich auch 4 Ikea-grosse Tüten mit Weihnachtsschmuck im Keller gefunden. Ich arbeite in der Jugendhilfe. Gut 50% der Jugendlichen sind minderjährige Jugendliche aus verschiedenen Teilen Asiens und Afrikas, grösstenteils muslimisch. Sie sind allesamt sehr höflich, sehr hilfsbereit, sehr nett und aufmerksam. Die Tatsache, dass ich eine Frau bin, schmälert mein Ansehen nicht, im Gegenteil. Ich bin die Hausmutti. Die anderen 50% sind Jugendliche, die das Pech hatten, bei Eltern zur Welt zu kommen, die ihr Kind nicht lieben konnten. Sie wurden weggegeben, wuchsen auf der Strasse auf, manchmal mit, manchmal ohne Eltern, wuchsen irgendwie bei den Eltern auf…alles in Eurer Nachbarschaft. Irgendwann merkte das Jugendamt, das was nicht stimmt, und dann kommen sie zu uns. Diese Kinder sind in einem CDU-regierten Deutschland aufgewachsen, wissen zumindest in der Theorie, was Weihnachten bedeutet. Das die Vorgeschichte und Erklärung zu der Geschichte. Diese Kinder sind zwischen 17 und 21 Jahre alt, die Verlängerung bis 21 sollte helfen, die Schule zu beenden und eine Ausbildung zu machen.

Gestern ging ich wieder mal arbeiten, (auch ich hab mal Wochenende) und dann stand da „seit gestern“ eine 3,5 Meter grosse Nordmanntanne in unserem Esssaal. Die Spitze war etwas umgeknickt, und sie lehnte in der Ecke. Der Fuss, der für Weihnachtsbäume vorgesehen ist, stand klein und unbedeutend neben der Tanne. Meine beiden Kolleginnen, beide sehr engagiert, wollten „mit den Kindern“ den Baum schmücken, und sie hätten doch viel zu wenig Schmuck..sie waren so aufgeregt über diese grosse, tolle, wunderbare Aufgabe, dass ich mich erinnert fühlte an meine eigenen Weihnachten, die ich erleben durfte. Ich war etwas überrascht. Immerhin sind diese Frauen erwachsen. Und, „Kinder“! Ja, es sind Kinder, aber sie sind nicht mehr kindlich. Ich ging in den Keller und suchte den Schmuck zusammen. 4 Tüten!! Ich ging in das Esszimmer mit dem Schmuck und sah unsere Nichteuropäischen Jungs, wie sie WM guckten. Sie betrachteten mich, wie ich den Schmuck ablud, und, je nach Temperament, begannen sie zu fragen oder zu kichern. Nun, bei Licht betrachtet, ist dieses Tannenbaummonstrum ziemlich absurd. Und 3,5 Meter für unseren Raum definitiv zu gross – wenn man auch noch bedenkt, dass jeder von ihnen genau ein Geschenk bekommt, im Wert von 20 Euro (das sind dann ungefähr 15 Geschenke). Mir wurde in verschiedenen Sprachen angeboten, eine Säge zu suchen, zu holen, den Baum kleiner zu machen. Niemand kam auf die Idee, Glitterkram befestigen zu wollen. Ich schlug ihnen Vor, mit den Kolleginnen Glitterkram dranzuhängen und Kunstschnee draufzukleben. Die religöseren dankten, und zogen sich zurück. Die weniger Religiösen wollten dann doch lieber WM gucken. Ich suchte meine Kolleginnen, deren Aufmerksamkeit sich zwischenzeitlich auf einer bürokratischen Tätigkeit verkrustete. Ich wartete. Und wartete. Irgendwann sagte mir die superreligiöse, superchristliche Kollegin, ich würde nicht den richtigen Geist, die richtige Atmosphäre verstrahlen, und sie bräuchte schöne Weihnachtsmusik. Ich entgegnete, dass noch November sei. Und dass ich speziell poppige Weihnachtslieder, wie sie zum Beispiel Wham! produzierte, hasse. Dazu singe ich Last Chrismas sehr schnell mit irre drehenden Augen und wippendem Kopf. Man betrachtete mich ungläubig. In meinem Fleische wohnt definitiv nichts Gutes, das war in dem Moment auch sofort allen Anwesenden klar. Hab ich dann auch gesagt. Dieses Pauluszitat wurde nicht erkannt. Wieder ein Witz in die Binsen.
Die beiden amüsierten sich dann weiter mit der Bürokratie (wieviel Ferien steht jemandem zu, der innerhalb der Probezeit Ferien nehmen muss, weil die Tage sonst verfallen und kann man grad für das ganze Jahr Ferien nehmen?). Der Schmuck liegt beim Baum, auf dem Tisch. Die Kinder wissen nicht, was das soll.
Die Kinder die geliebt werden, von Müttern, die nicht wollen, dass die Taliban sie zu Mördern macht, sind keine Christen, und, btw. Kabul zum Beispiel, liegt oberhalb der Baumgrenze. In Afrika wachsen keine Nordmanntannen.
Die Deutschen, die Wissen, dass man was bekommen sollte, bekommen nichts von ihren Eltern.
Und ich, ich bin nicht in der richtigen Stimmung zum Baumschmücken, mit oder ohne Weihnachtspop.

Oktober 27 2022

Risiken und Nebenwirkungen

Kiffen geht jetzt bald, habe ich gehört. Es hängt noch n komplizierten Rattenschwanz dran, 20 Gramm, aber nur, wer erwachsen ist, undsoweiter.

Ich oute mich mal als Nichtkiffer, beziehungsweise hab mal probiert, aber irgendwie hats nicht wirklich gewirkt. Ich kam ins plaudern, aber das kann ich auch so. Fand ich insgesamt total enttäuschend. Ich oute mich auch als jemand, der das Gehirn als Wunderwerk der Natur betrachtet, und jeden der das nicht als das würdigen kann, was es ist, nämlich als ein Geniestreich der Evolution…nun, ich beäuge diese Personen zumindest misstrauisch.

Es gibt eine Reihe von Papers, welche die Harmlosigkeit von Haschisch belegen kann, Quellen dazu gibts in jedem Kifferforum, das etwas auf sich hält. Es gibt eine Reihe von Papers, welche die Schädlichkeit von Cannabis belegen kann, auch die kann man finden, wenn man möchte.

Ich kann in meinem digitalen sozialen Netzwerk mit grossen Augen von meinem letzten klinischen Erlebnis mit Drogenpsychosen berichten. Aber man wird mich 100%-ig aufklären, dass ich irre, und vermutlich war es schlechtes Gras, und die Person hat das nicht vertragen, und, und, und. Und vermutlich war noch etwas Kokain und MDMA im Patienten drin, und dann weiss man eh nicht, was jetzt genau die Psychose ausgelöst hat, ja vermutlich etwas anderes, Hanf ist ja „sanft“. Alkohol ist sowieso schlimmer, was ja auch stimmt.

„Man“ weiss, Hanf hilft. Hanf ist vermutlich das Kraut, das gegen alles gewachsen ist.

Hanf hilft bei Krebs. Stimmt, und Eibe hilft auch, Eibe hilft vermutlich sogar stärker. Trotzdem nehme ich kein Eibengift zu mir, es sei denn, ich hätte tatsächlich Krebs. Ich stehe auf Weidenrinde bei Kopfschmerzen. Aber dazu warte ich, bis ich Kopfschmerzen habe. Ist der Schmerz derber, zum Beispiel bei einem gequetschten Brustwirbel, dann helfen auch der Saft des Schlafmohns. Ganz geil kommt das dann auch in Kombination mit Pink Floyds „Shine on you Crazy Diamond Part I-V“. Man vergisst, dass man überhaupt einen Rücken hat. Solche Dinge nehme ich nur gegen ärztliches Rezept, von der Versicherung bezahlt.

Ihr ahnt, worauf ich hinaus will: Ich finde, man sollte diese Pflanze nicht nur als Rauschmittel betrachten, sondern als ein Heilmittel, wenn man es auch tatsächlich braucht. Wie die Eibe, der Fingerhut und der Schlafmohn. Aber ich weiss auch, dass es hoffnungslos ist, gegen den Konsum von so lockenden und süchtigmachenden Stoffen anzuschreiben.

Also werde ich damit Geld verdienen. Ich mache ein Formular, anwendbar für alle Kliniken in Deutschland.

Fixierung-für-Dummies-und-Psychonauten(1)

 

Fixierungen, so sieht es der Gesetzgeber vor, sind das letzte Mittel. Sie sind auch in Kliniken unbeliebt und belastend für diejenigen, die sie ausführen müssen. In der Regel wird man vor der Fixierung vom (halluzinierenden, psychotischen) Patienten als Faschist beschimpft und angespukt, geschlagen, gekratzt, getreten, beleidigt. Fixierte dürfen, so will es der Gesetzgeber weiter, nicht alleine sein, zu ihrer eigenen Sicherheit. Also lässt man die Studenten bei den Fixierten (Studenten, so der Grundtenor, finden das interessanter als die FSJ-ler). Es geht oft sehr schnell, bis der Patient herausfindet, dass der Student ihm jetzt den Schwanz anfassen könnte, oder ähnlich geile Spielchen. Die psychotischen Mädels schreien oft und mal rum, dass man sie vergwaltigen wird. Die Angst ist echt. Es sind Horrortrips, für alle Beteiligten.

Oft bekommen sie auch antipsychotische Medikation, das hilft dann auch beim Einschlafen, und/oder krasse, ganz und gar unsanfte Benzodiazepine, die helfen beim runterkommen und ruhig werden. Dagegen kann und darf man sich auch wehren. Patienten vergessen jedoch leider gerne, dass Ärzte grundsätzlich Menschen gerne haben und ihnen auch helfen wollen.

Ich glaube den psychotischen Patienten gerne, das es ihnen nach dem erwachen furchtbar peinlich ist, was sie da alles gesagt hatten. Mich ärgert nur, dass sie immer und immer wieder experimentieren. Reale Gefahren der Giftstoffe abschwächen, und relativieren. Ärzte, Psychologen und Krankenhauspersonal als bestenfalls altmodisch und konservativ, im schlechtesten Fall als faschistoid abstempeln. Wobei das Krankenhauspersonal noch den „Arbeiterschutz“ und Applaus geniessen kann, bei den geneigten Psychonauten.

Merkt man, das mich die Diskussion angkotzt? Zerstört Euer Gehirn, macht nur. Wir machen dann zusammen Übungen. Ich werktags bis um 17:00 Uhr, ihr immer wieder, aufs Neue. Neuronale Trampelpfade knüpfen, falls es doch noch irgendwelche Gedanken hat, die von A nach B huschen wollen, damit sie auf einzelnen Hängebrücken über den Wasserpfützen des zerstörten Gehirns doch noch Wege finden, am Ziel anzukommen.

Wer sich eine Demenz ankifft, naja, der hat dann eine Demenz. Auch das bedeutet Psychosen, aber dann aus anderen Gründen. Inhibitorische Zellen, solche, die (auch unangenehmes) Unterdrücken, werden abgebaut. Also können Angstzustände, die in Euch aufkommen, nicht mehr unterdrückt werden. Ihr werdet psychotisch. Natürlich gibt es auch da Medikamente. Aber die Lebenserwartung ist nicht mehr so doll, und die Lebensqualität ist scheisse. Ihr beginnt Euch an längst vergangene Horrortrips zu erinnern, weil die inhibitorischen Zellen weg sind. Deshalb , so heisst es auch, herrscht in deutschen Altenheimen Krieg. Zum Glück (für die Betroffenen Patienten) sind viele tatsächlich so alt, dass sie mittlererweile endlich sterben konnten. Ich hab schon furchtbare Szenen gesehen, weil der Patient nicht mehr unterdrücken konnte.

Ich schweife ab…geniesst Euer Gras, wie ein Glas Wein, am Geburtstag. Wenn es denn sein muss.

 

 

Oktober 8 2022

„Experten“

Wir kennen das Phänomen. Unsere früheste Begegnung mit dem „Experten“ ist Papi, wie er über sein neuestes Auto fachsimpelt. Oder über Fussball. Wir hören fasziniert zu, wie er über englische Öl- oder Benzinpumpen referiert, die bei der Ausfahrt in das viel zu heisse Italien mit einem nassen Waschlappen gekühlt werden müssen. Oder wie Mönchsgrasmücke an Kormoran vorbei über die Flanke die Ecke über den Kopfball zielgenau auf die Latte in den Schuss getroffen hat. Wir hören zu und verzeihen unseren Vätern oder Brüdern, dass sie ein extrem langweiliges Hobby haben, weil sie gut erzählen. Ein weiteres typisches Anzeichen des „Experten“ liess sich gut in der Schule beobachten: Wenn Lautstärke nicht ausreichte, um auszudiskutieren, ob jetzt Deutschland oder Italien die WM gewinnt, half immer eine Schlägerei. Nachher war klar, wer gewinnen würde. Oder ob Ferrari oder Lamborghini toller waren. (Meine Argumentation, Lamborghini sei doch bloss eine Traktorenmarke, und für Bauern hergestellt, artete seltsamerweise auch immer in eine Schlägerei aus, obwohl ich doch n echtes Argument hatte). Irgendwer kam dann auf die gloriose Idee, die „Experten“ zu vereinen, und erfand das Internet. Ich räume an dieser Stelle ein, dass das vermutlich sogar Experten ohne „“ waren. Verblüffenderweise zählt auch hier die Lautstärke, und die Schlägerei wird mit „don’t feed the troll“ beendet. Wir mutieren von Experten für irgendwas zu „Experten“ für Corona, die Ukrainekrise, die Klimakrise, wir wissen alles über Virobazillofungizide, über Krebsaids und die zuverlässige Behandlung dieser Krankheiten. Meistens hilft eine ordentliche Hühnersuppe, genügend Bewegung und Misteltee, alles andere ist nur im Interesse der Pharmafirmen und nicht fundiert. Wir wissen alles über Politik und was Richtig und was Falsch ist. Und wehe, unser Knoffhoff wird angezweifelt – dann wird es für das restliche Netz Zeit, Popcorn zu braten. Denn die Kontrahenten steigen in den virtuellen Ring, krempeln die Ärmel hoch, und dann geht es rund, bis einer heult.

Mehr schreibe ich nicht, weil ich ja nicht die Moralkeule schwingen will…..

 

September 10 2022

Krieg, in der Ukraine und anderswo, und wie in den sozialen Medien damit umgegangen wird, oder ist Pazifismus nur ein Auslaufmodell für Idealisten?

Bomben, Panzer, Hardware. Luftschlacht, Infanterie. Töten, töten, schlachten, killen, metzeln, rückerobern, vergelten. Russen! Ha, klar, wieder mal die Russen. Zum Glück ist wenigstens auf die Russen Verlass, das sie wiedereinmal die richtig Bösen sind. Achgut, sind alle Russen gleich, und keiner dieser Russen findet den Angriffskrieg gegen die Ukrainer scheisse! Achgut, können wir aufhören zu denken, auchgut, wie ist das einfach! Achgut, muss man ab sofort nicht mehr differenzieren. Lass uns die Meinung der Lieblingszeitung, egal welche, ungefragt übernehmen!

Nein, ich habe keine Lösung. Nein, ich will natürlich auch, dass niemand angegriffen wird. Ja, ich würde, ehe ihr dämlich fragt, auf jeden schiessen, der mich oder meine Liebsten angreifen würde. Aber diese Frage ist sooooowas von Gesinnungsprüfung im Kalten Krieg.
Hört Ihr Euch? Ihr fordert Panzer. Ihr fordert Waffen. Natürlich zur Selbstverteidigung, nicht zum Angriff. Und Ihr vergesst alle NIE WIEDER! Nie wieder Krieg! Nie wieder Genozid! Ich ahne schon, wie ihr waffenlieferung-befürwortende Leute in Schockstarre verfallen werdet, wenn die Opfer Eurer Waffenliefungen in Den Haag beschreiben, was mit deutschen (und schweizer, und italienischen, und französischen, und, und und) Waffen angerichtet wurde. Das ahntet ihr ja nicht! Wenn ihr das gewusst hättet!!! Wenn die Wissenschaftler Gutachten vorlegen, über Massengräber, die Leichen, die Folter, die Narben, sichtbar und unsichtbar. Sie alle werden auftauchen, früher oder später. Es gibt keinen Krieg ohne Kriegsverbrechen.

Woher nehme ich diese Gewissheit? Könnt Ihr Waffenlieferungsbefürworter Euch an den Konflikt von Ex-Jugoslawien erinnern? Die Berichte der Frauen eines Dorfes, die aufs grausamste vergewaltigt und misshandelt wurden; die Uniformen ihrer Peiniger waren serbisch, die Vergewaltiger jedoch kroatisch. Später stellte sich dann heraus, dass alle auf die selbe Idee (falsche Uniform, dann Kriegsverbrechen) gekommen sind. Nicht nur die Serben, obwohl wir uns für die Serben als „böse“ entschieden hatten. Das scheint offenbar menschlich zu sein.  Ihr seid (teilweise) richtig alte Knacker, wie ich ja auch. Ehemalige Hippies, die den Ruf nach Waffen befürworten. Wo ist Eurer Mut zum Frieden, zum Pazifismus? Ich bin sowas von angepisst von Euch. Der TV-Krieg mit den brennenden irakischen Ölquellen? Ich bin sicher, da sind auch brennende Menschen gefilmt worden. Aber die hat man vermutlich rausgeschnitten,  zu viel Brutalität, zu unsauber, nicht medienwirksam.  Schreie hat man nie gehört, wegen von zu hoch gefilmt, außerdem die Flugzeugtriebwerke.

Ohhh, ihr verurteilt „aufs Schärfste“ der Bau eines Fussballstadions in einem ölliefernden sogenannten Schurkenstaat. Und dann guckt ihr auf ein Bierchen „einzelne Spiele“ in eurer Kneipe. Ich bin ein Spiesser, geb ich gerne zu, von mir aus auch ein linker Spiesser, aber ich bin niemals dieser Tartüff, der Ihr seid. Ihr fordert Panzer, ihr fordert Material. Für die Schlacht. Ja, dann geht doch, stellt Euren Luxuskörper der Schlacht zur Verfügung. Alle waffenfähigen Menschen werden gebraucht. Wenn ihr also nicht in die Schlacht ziehen wollt, warum wollt ihr dann Waffen liefern? Zur Abschreckung? Ihr Narren! Ihr kriegsgeilen Narren! Versucht doch erstmal rauszufinden, ob ihr 1) wisst, was Krieg bedeutet – nicht akademisch, sondern persönlich! und 2) bereit für den eigenen Krieg seid – wenn ja, fahrt in die Ukraine, und tötet,  und mehrt mit jeder Leiche, die ihr produziert, Trauer, Wut, Hass, Trauma. Wenn ihr dazu nicht bereit seid, dann arbeitet an einem Frieden, den alle akzeptieren können. Man spricht da wohl auch von einer politischen Lösung. Was wir aktuell gerade tun, wird wohl als „Stellvertreterkrieg“ in die Geschichtsbücher eingehen. Und dann? Dann muss ich der Teil sein, der Verantwortung für Eure Kriegsgeilheit übernehmen muss, weil ich das offenbar duldete! „Oma, sag mal, warum hast du damals nichts gegen diese kriegsgeilen Spinner getan? Warum hast Du nicht versucht, mit denen zu Reden, sie zur Besinnung zu bringen?“ Darauf hab ich keinen Bock. Ihr dürft gerne beleidigt sein, wenn ihr Euch an das Bein gepisst fühlt. Ich fühle mich jedesmal persönlich beleidigt, angegriffen, angemacht, in meiner Würde als fühlender und denkender Mensch, wenn wieder Kriegspropoganda über den Stream rauscht. Das musste jetzt einfach mal gesagt sein. Ich ende jetzt meine Schimpftirade mit Terrorgruppe:  Und am Ende sind alle wieder am weinen, und keiner wills gewesen sein!

Katgeorie:Gekotztes, sauer aufgestossen | Kommentare deaktiviert für Krieg, in der Ukraine und anderswo, und wie in den sozialen Medien damit umgegangen wird, oder ist Pazifismus nur ein Auslaufmodell für Idealisten?
August 12 2022

Resümee

Nicht dass ihr mich jetzt falsch versteht – hier kommt nichts Sinnreiches.

Ich bin faul. Ich turne nicht gerne. Wer aber ein Kind hat, der muss ins MuKi oder, viel moderner, Eltern-Kind-Turnen. Ich hab das vor gefühlt 100 Jahren getan, um diese berühmt-berüchtigten Kontakte zu knüpfen, und um mein Kind mit anderen Kindern spielen zu sehen. Wir waren 4 Muttis. 3 Muttis hatten für ihr Kind ihre Karriere als Supermodel aufgegeben, und der Kugelpunk. Die Models hatten Söhne, ich hab ne Tochter. Wir turnten. Ich hatte einen roten Kopf. Die Models hatten Eleganz. Ich habe es gehasst. Und dann hatte eine davon eine Idee – spielerisch! Sie kaufte eine von diesen Ausziehrohren aus Papier in der IKEA, schön bunt. Die Mamis krochen mit ihrer Brut da durch, und das schnellste Team gewann. Es war mein persönliches Vietnam. Ich blieb da drin irgendwie stecken, und kochte vor Zorn, die Models kicherten und halfen. Ich begann an diesem Tag zu verstehen, warum man Ohren abschnitt und aufhängen muss.

Irgendwann hatten wir auch dieses (Larven)stadium erfolgreich hinter uns gelassen, und meine Tochter ging in die Spielgruppe, die Vorform des Kindergartens. Die Ausdrücke wurden etwas derber, die Landjugend hatte teilweise ältere Geschwister, und dann drehte sich ein Streit zwischen mir und meiner Töchtin darum, ob sie nach dem Sandmännchen auf KiKa noch wachbleiben sollte oder nicht. Ich fand nicht, schliesslich war das der Deal am TV gucken. Sie fand schon. Sie hatte an diesem Tag Spielgruppe und war müde, aber wollte umsverrecken nicht ins Bett. Sie betitelte mich mit einem extrem schlimmen Schimpfwort, und sah mich gespannt an. Ich war baff. Dann atmete ich durch, und fragte sie sehr ruhig, ob sie denn eigentlich genau wisse, was das bedeute, was sie da eben gesagt habe? Sie wurde unruhig, und murmelte dann, das sie eine Vermutung habe. Diese Vermutung erwies sich als falsch. Ich liess sie jedoch im Ungewissen und sagte nur, dass ich das nie wieder hören wolle. Das hat geklappt.

In der Unterstufe hatte sie einen Freund, der mit ihr gelegentlich spielte. Irgendwann beschlossen die beiden, zu heiraten, und fragten mich, ob das für mich in Ordnung sei. Ich meinte: „Wenn ihr Euch ganz sicher seid, dann ist heiraten ne tolle Idee.“ Kurz darauf hatten Sie Streit. Ich hörte meine Tochter sagen: „Wenn du mir nicht so-ffffort meine Polly Pockets gibst, wird das nichts mit heiraten!“. Ich mischte mich nicht ein.

Irgendwann zogen wir nach Berlin um. Die Landjugendumgebung wurde eingetauscht gegen ein aufregende, aber gelegentlich für alle Beteiligten anstrengende Stadt. Die Einschulung bestand aus Zeugnisnoten umrechnen, was ein Amt tut, und von der Schulsekretärin verordnete Gang zum Schularzt, der unsere Tochter entlausen sollte, und impfen, weil sie aus dem Süden kommt. Der arme Kerl starb beinahe vor Scham, als er den Brief gelesen hatte. Nach einem halben Jahr musste sie die Schule wieder wechseln. Es war  eine neue Schule mit sehr vielen neuen Freunden und Freundinnen, und ein paar alten, verbliebenen Freunden, die ebenfalls an die neue Schule wechselten.

Einmal hatte die Tochter statt Turnen Tanzen, und tanzte dabei mit einem (gutaussehenden) Schulkollegen, der eine Freundin hatte. Diese Freundin war eine „Prinzessin“ eines Clans. Sie war sauer und eifersüchtig, und zischte meiner Tochter zu, dass sie (also die Prinzessin) zusieht, dass meine Tochter ihres Lebens nicht mehr froh wird. Und löste dadurch einen SEK Einsatz aus. Der Göttergatte erhielt ein Telefon (Hier ist die Polizei, ihrer Tochter gehts gut), und ich musste sie von der Schule abholen. Sie war aufgelöst und alleine mit zwei grimmigen Superbullen im Schulzimmer.

Was will ich damit sagen? Meine Tochter zieht aus, und ich bin sehr stolz, dass sie diesen Schritt tut. Eltern sollten die Zeit mit ihren Kindern geniessen, auch wenn sie gelegentlich etwas schwierig sein kann. Vergesst nie, dass sie Euch mehr brauchen als ihr sie, beschützt sie, solange sie das wollen und brauchen, und lasst sie fliegen, wenn sie fliegen möchten.